Das „Berufsleben“ eines Profi-Bodybuilders unterteilt sich für gewöhnlich in zwei Phasen. Während in der Wettkampfphase versucht wird den Körperfettanteil auf ein Minimum zu „schrauben“ und so wenig Muskelmasse wie möglich zu verlieren, geht es in der Aufbauphase („Off Season“) darum, so viel Muskeln wie möglich aufzubauen und die Körperfettzunahme in Grenzen zu halten. Besonders auf die zweite Phase legen Bodybuilder wert, da in der Off Season die Grundsteine für die Wettkämpfe gelegt werden. Außerdem nutzen manche Bodybuilder – sofern es das Ego zulässt – diese Phase für eine Trainingspause, um ihren Körpern eine Auszeit zu gönnen und Kraft für die nächsten Wettkämpfe zu sammeln. Kevin Levrone gönnte sich zu seinen aktiven Zeiten jedoch nicht eine vier- bis sechswöchige, sondern eine sechsmonatige Trainingspause – jedes Jahr! Warum er das machte und wie er dazu kam, erklärte der mittlerweile 52-Jährige nun im Gespräch mit Muscular Development.
Durch „Zufall“ entdeckt
Der Auslöser für die „Entdeckung“ des 6-monatigen Trainingspause-„Ansatzes“ sei ein Brustmuskelabriss im Februar 1993 kurz nach der European Tour gewesen, erzählt Kevin. Während der anschließenden Reha habe er nicht wirklich trainieren können und bis zum Juni desselben Jahres 15kg Muskeln abgebaut. Drei Monate vor dem Mr. Olympia 1993 habe er dann wieder das Training aufgenommen und es trotz der ungewollten Auszeit noch geschafft, für den Wettkampf in Form zu kommen, so Levrone weiter.
Die „Macht“ des Muscle-Memory-Effects
Zu diesem Zeitpunkt sei ihm durch die Verletzung zum ersten Mal die „Macht“ des Muscle-Memory-Effects bewusst geworden. Außerdem sei ihm klar geworden, dass er nicht mehr als drei Monate benötigen würde, um sich auf Bodybuilding-Shows vorzubereiten, erklärt der Bodybuilder. Daraufhin habe er im darauffolgenden Jahr den ersten „Testlauf“ mit einer 6-monatigen Auszeit unternommen und konnte mit seinem neuen „Approach“ sogar die Arnold Classics 94 gewinnen. Auch in den darauffolgenden Jahren habe er dieses Schema erfolgreich angewandt, so Kevin weiter.
Gesundheit wichtiger als „Masse um jeden Preis“
In den Jahren vor seinem Unfall habe er jedoch immer eine Off Season gemacht und habe sich entsprechend Kilos „angefressen, allerdings auf Kosten der Lebensqualität, wie die Maryland Muscle Machine meint. Dabei soll er es so übertrieben haben, dass er sich aufgrund der schieren Masse nicht mal mehr am Hinterkopf kratzen oder zum Schnürsenkel Binden habe vorbeugen können. Außerdem soll er unter chronischen Blutdruck gelitten, einen Ruhepuls von 105, nachts wie ein Schwein geschwitzt und sich wie eine tickende Zeitbombe gefühlt haben, erzählt Kevin. Die Verletzung und der anschließende Gewichtsverlust waren für den IFBB Pro somit eine riesige Erleichterung und langfristig vor allem definitiv gesünder.