Frage: Eine geläufige Empfehlung von Trainern lautet, jegliches Cardiotraining mit niedriger Intensität nach dem „Laktattraining“ – oder wie auch immer sie Training mit höherer Intensität bezeichnen – auszuführen. Außerdem behaupten selbige Trainer, dass diese Vorgehensweise auch das letzte bisschen Effektivität aus dem Training mit niedriger Intensität herausholen würde. Auch ist die Rede von einer gesteigerten Wachstumshormonausschüttung durch das gesteigerte Laktat, was wiederum zu einer gesteigerten Lipolyse führt. Demzufolge soll im Anschluss an ein Training mit hoher Intensität ein Training mit niedrigerer Intensität mehr von dem Fett verbrennen, von dem sie behaupten, dass es mobilisiert wird. Macht die Ausführung von Cardiotraining nach dem Training mit höherer Intensität das Training in Bezug auf Fettabbau generell effektiver als eine separate Ausführung? Und wenn ja, hat dies mehr mit anderen Dingen, die Sie erwähnt haben (Entleerung der Glykogenspeicher, Auswirkungen der Katecholamine usw.), zu tun, so dass die beabsichtigte Wirkung dieselbe ist und dass die meisten dieser Trainer nur beim angeblichen Grund für diese Wirkung falsch liegen – nämlich, dass eine durch Wachstumshormone induzierte Erhöhung der Lipolyse der Grund hierfür ist?
Antwort: Es besteht kein Zweifel daran, dass Wachstumshormone an der Lipolyse beteiligt sind. Auch wenn sie im Vergleich zu Hormonen wie Insulin und Katecholaminen (Epinephrin/Norepinephrin alias Adrenalin/Noradrenalin) nur eine sekundäre Rolle spielen. Es gibt natürlich noch weitere Hormone wie Testosteron, Östrogen, Progesteron, Interleukin-6 und einen neuen Spieler namens Atrial-Natriurietic Peptide (ANP), die alle eine wichtige Rolle spielen. Hier werde ich jedoch nur über Wachstumshormone sprechen.
Lassen Sie mich zuerst den Begriff Lipolyse definieren. Der Begriff Lipolyse bezieht sich auf das Aufbrechen von gespeichertem Fett (technisch: Triglyzeride) für eine Freisetzung in den Blutkreislauf. Auch wenn am Abbau von Fett mehrere Schritte beteiligt sind, spielt alles andere keine Rolle, wenn man nicht zuerst das Fett aus der Fettzelle freisetzen kann. Der Begriff Lipolyse bezieht sich auf den Prozess, bei dem Fett, das in den Fettzellen gespeichert ist, in Fettsäuren aufgespaltet wird. Dieser werden wiederum in den Blutkreislauf freigesetzt, um hoffentlich irgendwo anders im Körper verbrannt zu werden (im Allgemeinen in der Skelettmuskulatur oder in der Leber).
Während Studien mit injizierbaren Wachstumshormonen im Allgemeinen in Bezug auf das Muskelwachstum ausgewertet wurden (es kommt zu einer Erhöhung der fettfreien Körpermasse, doch hierbei handelt es sich primär um Wasser und Bindegewebe und nicht um tatsächliche Muskelmasse), konnten sie außerdem zeigen, dass Wachstumshormone auch einen Einfluss auf den Fettabbau besitzen. Des Weiteren konnte gezeigt werden, dass der nächtliche Wachstumshormonschub für die Lipolyse während des folgenden Tages wichtig ist. Zu guter Letzt zeigen Studien klar, dass während Phasen des Fastens oder sogar währen kohlenhydratarmen Diäten eine Blockierung der Wachstumshormonreaktion nicht nur die Lipolyse hemmt, sondern sogar zu einer Erhöhung des Muskelverlust führt (da der Körper keine Fettsäuren hat, die er verbrennen kann).
So weit so gut, richtig?
Fügen Sie hierzu eine Reihe von Studien hinzu, die primär während der achtziger Jahre des 20. Jahrhunderts von William Kraemer und seiner Gruppe durchgeführt wurden. Diese zeigen, dass bestimmte Trainingsprogramme (vor allem höhere Wiederholungszahlen und kurze Pauseintervalle – im Durchschnitt wurden 3 Sätze à 10 Wiederholungen mit einer Minute Pause verwendet) die Wachstumshormonspiegel erhöhen und Sie können sehen, woher die Idee stammt, das Training auf diese Art und Weise gut für den Fettabbau ist.
Ich glaube das erste Mal, als ich gesehen habe, dass diese Idee verbreitet wurde, war Charles Poliquins „Original German Body Composition Training“. Unter der Behauptung, dass es auf deutschen Untersuchungen der Hormonreaktion auf das Training basiert, drehte sich dieses Trainingsprogramm um multiple Sätze mit hohen Wiederholungszahlen und kurzen Pausenintervallen. Deren Zweck bestand darin, die Wachstumshormonausschüttung zu erhöhen (und die Laktatproduktion während des Trainings schien hierbei „irgendwie“ beteiligt zu sein), um den Fettabbau zu steigern.
Spezifischer für die Frage dieses Q&A ist, dass viele Trainer diese Art von Training verwenden werden, um auf dieses ein Cardiotraining mit niedriger Intensität folgen zu lassen. Die Idee besteht darin, dass die Wachstumshormonreaktion die Freisetzung von Fettsäuren anregt und das Cardiotraining mit niedriger Intensität dann die Fettsäuren verbrennt.
Und hier laufen wir mit dieser Idee in ein Problem: die zeitliche Abfolge. Während Wachstumshormone mit Sicherheit an der Lipolyse beteiligt sind, treten ihre Wirkungen recht langsam auf. Nach einem hohen Wachstumshormonschub, werden Sie vor Ablauf einer zwei stündigen Frist nicht wirklich eine starke Erhöhung der Lipolyse oder der Blutfettsäurespiegel sehen. Dies bedeutet, dass ein Programm, das auf der Idee basiert, die Wachstumshormonausschüttung während des intensiven Teils des Trainings zu erhöhen, so dass das Cardiotraining, das ein paar Minuten später ausgeführt wird, die durch die Wachstumshormone mobilisierten Fettsäuren verbrennt, aus physiologischer Sicht fundamental falsch ist.
Doch das bedeutet nicht, dass es nicht funktioniert. In der Tat ist die Prämisse recht solide, doch dies ist eine Stelle, an der ich bezüglich des zugrunde liegenden Mechanismus etwas pingelig bin. Allerdings besitzt dieser Typ von Training stoffwechseltechnische Wirkungen, die dem Fettabbau (sogar akut) zuträglich sein können. Sie haben nur absolut nichts mit dem Wachstumshormonschub zu tun.
Stattdessen werden Erhöhungen der Epinephrin/Norepinephrin-Spiegel eine viel stärkere akute Auswirkung auf die Fettmobilisierung besitzen. Zudem neigt eine Entleerung der Glykogenspeicher durch diesen Typ von Training dazu, die Fettoxidation in der Skelettmuskulatur zu erhöhen. Jedoch sind Wachstumshormone nicht der zugrunde liegende Mechanismus.
Im Grunde genommen ist das, was im zweiten Teil der Frage geschrieben wurde, richtig. Die Kombination von hochintensivem Training, gefolgt von Training mit niedriger Intensität kann für den Fettabbau effektiv sein, doch dies beruht nicht auf dem angegebenen Mechanismus. Der Einfluss von Wachstumshormonen auf den Fettabbau ist ganz einfach zu gering. Stattdessen sind andere Mechanismen, die mit der hormonellen Reaktion, der Entleerung der Glykogenspeicher usw. in Verbindung stehen das, was für die Wirkung verantwortlich ist. Wachstumshormone sind für den Prozess in diesem kurzen Zeitraum ganz einfach nicht relevant.
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