Lyle McDonald: Die optimale Proteinzufuhr während einer Diät

Frage: Sie betonen immer, dass eine adäquate Proteinzufuhr wichtig ist, aber was sehen Sie als adäquat an? Wie viel wäre in meinem Fall bei einer Kalorienreduktion von ~750 bis 1000 kcal unter meines Kalorienbedarfs in Verbindung mit einem Krafttraining angemessen? Gibt es einen prozentualen Wert, den Sie als ideal ansehen und ist dieser während einer Diät höher als bei einer Aufrechterhaltungsphase (um einen Muskelabbau während einer Kalorieneinschränkung zu verhindern)?

Antwort: Eine so gute Frage, das sie wichtig genug scheint, um sie explizit zu anzusprechen. Zumal dies auch ein Punkt ist, bei dem viele Mainstream-Diäten Fehler machen. Es ist erwähnenswert, dass Bodybuilder und andere Kraftsportler seit Jahrzehnten eine höhere Proteinzufuhr während einer Diät „propagieren“. Hierbei handelt es sich um ein weiteres Thema, bei dem die moderne Wissenschaft diese Ansichten nach vielen Jahren als richtig bestätigt hat.

Die Frage nach einer adäquaten Proteinzufuhr unter unterschiedlichen Umständen ist eine Frage, die eine lange Geschichte der Diskussionen hinter sich hat. Das Thema des Erhaltungsbedarfs, sowie die Proteinzufuhr von Sportlern wird im Bereich der Wissenschaft immer noch heiß diskutiert. Im Hinblick auf Diäten, war diese Frage Thema zahlreicher Untersuchungen in den sechziger und siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts, als die Wissenschaftler damit begannen, über das Thema des einfachen Gewichtsverlustes hinauszugehen und Veränderungen der Körperkomposition zu betrachten. Das Ziel änderte sich von einem Gewichtsabbau per se hin zu einer Generierung eines Fettabbaus bei gleichzeitiger Minimierung von Verlusten an fettfreier Körpermasse und Muskelmasse.

Nach langem „Hin und Her“ und nachdem zahlreiche Untersuchungen durchgeführt worden waren, kam man zu dem Ergebnis, dass eine Proteinzufuhr von etwa 1,5 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht fettfreier Körpermasse (an dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass die Wissenschaftler in Wirklichkeit das Idealgewicht verwendeten, was jedoch eine sehr grobe Abschätzung für die fettfreie Körpermasse darstellt) notwendig war, um bei nicht trainierenden Übergewichtigen, die eine geringe Menge an Kalorien konsumierten, Verluste an fettfreier Körpermasse zu verhindern.

Dies ist in etwa das Doppelte der offiziell empfohlenen Proteinzufuhr bei einer Erhaltungskalorienmenge (0,8 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht). Für eine übergewichtige Person, die z.B. 91 Kilo wiegt und einen Körperfettanteil von 30% aufweist (dies würde einer fettfreien Körpermasse von etwa 63 Kilo entsprechen), würde dies eine Proteinzufuhr von 95 Gramm pro Tag bedeuten. Bitte berücksichtigen Sie, dass dieser Wert einfach nur ein Minimum ist und jeder für sich selbst herausfinden wird, dass eine höhere Proteinzufuhr aus Sicht einer Reduzierung des Hungers oder was auch immer (siehe unten) von Vorteil sein kann.

Mythos „ANABOLES FENSTER“ – verlierst Du ohne Proteinshake Deine Gains?

Es ist erwähnenswert, dass aktuellere Untersuchungen weitere Vorzüge einer erhöhten Proteinzufuhr während einer Diät unterstützen, die über eine einfache Aufrechterhaltung der fettfreien Körpermasse hinausgehen. Protein ist der am besten sättigende Nährstoff (was bedeutet, dass eine höhere Proteinzufuhr dazu neigt den Hunger besser zu kontrollieren) und Studien haben herausgefunden, dass eine höhere Proteinzufuhr dabei helfen kann den Blutzuckerspiegel zu stabilisieren. Dies bringt sowohl aus Sicht der Energiespiegel, als auch aus Sicht des Appetits Vorzüge mit sich. Protein, das eine große Menge der Aminosäure Leucin enthält (wobei Wheyprotein und Kasein die zwei Proteine mit dem höchsten Leucin-Gehalt sind), scheint in dieser Hinsicht zusätzliche Vorzüge zu besitzen.

Während Menschen schlanker werden, steigt gleichzeitig der Proteinbedarf. Außerdem neigt regelmäßiges Training dazu den Proteinbedarf weiter zu erhöhen. Schlanke Sportler, die versuchen Fett zu verlieren und Verluste an fettfreier Körpermasse möglichst verhindern wollen, benötigen somit eine noch höhere Proteinzufuhr. Und wir wissen bereits seit Jahrzehnten, dass die Kalorienzufuhr per se dazu neigt den Proteinbedarf zu beeinflussen – wenn die Kalorienzufuhr sinkt, steigt der Proteinbedarf und umgekehrt.

Auch wenn für diese Gruppe weniger Daten vorhanden sind, haben Bodybuilder und Sportler seit langem eine Proteinzufuhr von 2,2 Gramm pro Kilogramm fettfreie Körpermasse (1 Gramm pro Pfund fettfreie Körpermasse) als allgemeine Proteinzufuhr verwendet und wenn Sportler schlanker werden, könnte eine Proteinzufuhr im Bereich von 3,3 Gramm pro Kilogramm fettfreie Körpermasse (1,5 Gramm pro Pfund fettfreie Körpermasse) notwendig werden, um einen Muskelverlust während des Diätens zu verhindern. In einigen sehr extremen Fällen, wie z.B. einem Diätansatz, der fast ausschließlich Protein umfasst, könnten für sehr schlanke Personen sogar noch höhere Proteinmengen notwendig sein.

Die optimale Proteinzufuhr: Bis zu 3,3g Protein pro Kilogramm fettfreien Körpergewichts

Im Grunde genommen haben wir also ein Proteinzufuhr-„Kontinuum“, das von 1,5 Gramm pro Kilogramm fettfreier Körpermasse als Minimum für übergewichtige, nicht trainierende Personen bis hin zu einer hohen Proteinzufuhr im Bereich von 3,3 Gramm pro Kilogramm fettfreier Körpermasse für sehr schlanke, schwer trainierende Sportler oder Bodybuilder reicht. Wobei sich der Mittelweg zwischen diesen beiden Extremen liegen dürfte.

Das ist also das, was ich mit „adäquater Proteinzufuhr während einer Diät“ meine. Es ist also immer von der jeweiligen Situation abhängig, wobei die primären Variablen der Körperfettanteil (wenn dieser sinkt, steigt der Proteinbedarf), die Kalorienzufuhr (wenn die Kalorienzahl sinkt, steigt der Proteinbedarf und umgekehrt) und die Aktivität (wobei regelmäßige Aktivität im Allgemeinen den Proteinbedarf erhöht) sind.

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