Die Geschichte der anabolen Steroide

Die Geschichte der anabolen Steroide

Testosteron war der Anfang: Die Geschichte der Entwicklung anaboler Steroide

Abstract

Etwa 75% der aller Ausgaben im Bereich des US amerikanischen Gesundheitssystems werden für die Behandlung von Krankheiten ausgegeben, die eine Präferenz für oder unterschiedliche Wirkungen bei den unterschiedlichen Geschlechtern zeige: Beispiele hierfür wären Herz-Kreislauf Erkrankungen und viele Krebsarten. Trotzdem ist ein volles Verständnis der diversen physiologischen Aktionen von Sexualhormonen und ihrer pharmazeutischer Analoga nur schwer erreichbar, was auch für einen klaren Satz von Prinzipien für eine anabole/androgene Hormontherapie und die Entwicklung entsprechender Medikamente gilt. Dies ist besonders bemerkenswert, wenn man bedenkt, dass anabole androgene Steroide seit über 40 Jahren verfügbar sind und über eine Million Amerikaner diese Medikamente verwendet haben. Hauptsächlich aufgrund dieses Mangels an Wissen sind amerikanische Ärzte zögerlich, wenn es darum geht, diese Verbindungen zu verschreiben. Pharmazeutische Firmen haben im Allgemeinen die Forschung in diesem Bereich aufgegeben, was sich unter anderem darin widerspiegelt, dass in Amerika seit über 20 Jahren keine neuen Typen dieser Medikamente entwickelt wurden. Eine weitere Sorge von Ärzten liegt darin begründet, dass bestimmte Wirkstoffe aus diesem Bereich leberschädlich sein können.

Aktuelle Untersuchungen deuten jedoch darauf hin, dass einige Medikamente dieser Art in der Tat effektiv und sicher eingesetzt werden können. Ein besseres Verhältnis von erwünschten zu unerwünschten Wirkungen bei experimentellen Produkten könnte die Entwicklung überlegener Wirkstoffe ermöglichen. Existierende Medikamente haben sich bei vielen Erkrankungen als nützlich erwiesen. Danazol hat sich z.B. als effektiv für die Behandlung von Endometriumkrebs, gutartigen Brusterkrankungen, Menorrhagie, gemischte Bindegewebserkrankungen, autoimmunhämolytischer Anämie, thrombozytopenischen Erkrankungen und Osteoporose erwiesen. Stanozolol, Oxandrolon und Tibolon haben sich bei mehreren Arten von Erkrankungen als nützlich erwiesen und bestimmte Testosteron Analoga – insbesondere Oxandrolon, Methenolon und Nandrolon – haben sich bezüglich der Verbesserung des Protein Anabolismus bei geschwächten und traumatisierten Patienten als sicher und effektiv erwiesen. Insbesondere AIDS Patienten können stark von einer solchen Behandlung profitieren und in der Tat wurde Oxandrolon vor Kurzem für diesen Zweck wieder auf den Markt gebracht. Und die pharmazeutische Zufuhr von Testosteron hat sich in letzter Zeit durch die Entwicklung transdermaler Pflaster – von denen man erwartet, dass sie einen potentiellen Milliarden Dollar Markt darstellen könnten – deutlich verbessert.

Die Geschichte der Entwicklung von Testosteron von seiner Entdeckung bis hin zu diesen und anderen aktuellen Anwendungen wird in diesem Artikel beschrieben.

Die Entdeckung von Testosteron

Es ist seit dem Altertum bekannt, dass die Hoden für die Entwicklung und die Aufrechterhaltung der männlichen Charakteristika benötigt werden. Frühe wissenschaftliche Ideen gingen davon aus, dass diese Wirkungen über das Nervensystem zustande kommen. Das moderne Konzept der Hormonaktion über das Blut wurde erst durch Bertholds Experimente mit Hähnen im Jahr 1849 bewiesen. Wenn diesen Vögeln die Hoden entfernt wurden, dann schrumpfte ihr Kamm und verlor an Farbe, während gleichzeitig die Sexualfunktion nachließ. Berthold fand heraus, dass wenn die Hoden an den Bauch transplantiert wurden, die Männlichkeit der Vögel nicht beeinträchtig wurde. Ein Sezieren der Tiere zeigte, dass keine Verbindungen mit dem Nervensystem gebildet worden waren, aber eine ausgiebige Kapillarentwicklung stattgefunden hatte (1). Er zog hieraus die Schlussfolgerung, dass die Hoden über das Blut agieren und das Blut im gesamten Organismus wirkt (2). Diese Arbeit war der Grundstein der Endokrinologie. Der „Kapaun Test“ der Veränderung der Größe des Kammes wurde zu einer wichtigen Analysemethode für die Aktivität männlicher Hormonextrakte, auch wenn er heute zutage überflüssig geworden ist.

Die Verwendung dieser Methode ermöglichte Kochs Entwicklung einer Prozedur für die Produktion eines Extrakts von starker Aktivität aus den Hoden von Bullen im Jahr 1929. Hierauf folgte eine vollständige Reinigung durch Laquer im Jahr 1935. Ein Jahr später gelang Ruzicka – genau wie Butenandt und Hanisch – die Synthese der identischen Verbindung – Testosteron – aus Cholesterin (3).

Im Jahr 1936 konnte Kochakian erfolgreich demonstrieren, dass die Verwendung von Testosteron oder Testosteron Acetat die Stickstoffausscheidung über den Urin bei kastrierten Hunden reduzierte, während diese Hunde gleichzeitig an Gewicht zunahmen (4). Kenyon zeigte später, dass Testosteron auch beim Menschen eine wirkungsvolle anabole Substanz darstellt.

Die Entwicklung von Analoga und Derivaten

Kochakian macht in (9) die Aussage, dass seine mit Mäusen durchgeführten Untersuchungen, die zeigten, dass Androstane-3a,17ß-diol vorzugsweise renotroph wirkte, während Androstenedion primär die Größe der Samenbläschen und der Prostata erhöhte, zusammen mit Untersuchungsergebnissen, die zeigten, dass 19-Nortestosteron (Nandrolon) eine bevorzugte Wirkung auf den Levator Ani Muskel der Ratte hatte, als Impuls für die Entwicklung von Wirkstoffen diente, die ausschließlich oder hauptsächlich Protein anabol wirken und bei geschwächten Menschen eingesetzt werden können.

Zwischen 1948 und 1955 haben Chemiker bei Searle mehr als tausend unterschiedliche Testosteron Derivate und Testosteron Analoga synthetisiert. Unter Verwendung einer von Hershberger entwickelten Untersuchungsmethode, welche die Wirkung einer Testverbindung sowohl auf die Prostata als auch den Levator Ani bei kastrierten Ratten misst, wurden diese Verbindungen oral und parenteral unter der Leitung von Saunders und Drill untersucht (1). Es wurde implizit angenommen, dass eine Aktivität am Levator Ani indikativ für die therapeutische Wirkung der Verbindung  ist, während eine Aktivität an der Prostata kastrierter Ratten ein ausreichender und akkurater Prädiktor für all die zahlreichen und unterschiedlichen androgenbedingten Nebenwirkungen bei Menschen beiderlei Geschlechts ist. Ein primäres Ziel dieses Projekts bestand darin Wirkstoffe zu finden, die oral wirksam sind, da Testosteron selbst bei oraler Administration nicht besonders wirkungsvoll ist.

Eine dieser Verbindungen, ein 17-ethyliertes, 19-Normethyl Analogon von Testosteron, schien anderen Wirkstoffen überlegen zu sein. Unter Verwendung des Herschberger Assays wurde herausgefunden, dass diese Verbindung nur 1/16-tel so androgen (prostatotrophisch) wie anabol (wirkungsvoll bezüglich der Anregung des Wachstums des Levator Ani, ein geschlechtsspezifischer Muskel) war. Andere Arbeiten fanden myotrophe:androgene Abgrenzungsverhältnisse von 2:1, 3.5:1, 20:1, 1.3:1, 4:1, 3.1:1 und 7:1 relativ zu Testosteron (5). Diese Werte waren klar inkonsistent, doch das ist typisch für diese Untersuchungsmethode.

Searles Tierversuche zeigten keine signifikante toxische Wirkung dieser Verbindung, die sie Nilevar (Norethandrolon) tauften. Im Rahmen von klinischen Tests erwies sich dieser Wirkstoff bei ernährungsbedingt ausgezehrten Herzpatienten, Gastrektomie Patienten sowie chronisch untergewichtigen Männern, Frauen und Kindern als nutzbringend und einige Ärzte verwendeten Norethandrolon fast routinemäßig, um die Rekonvaleszenz von kranken Kindern zu beschleunigen (4). Dieser Wirkstoff wurde im Jahr 1956 von der amerikanischen Gesundheitsbehörde zugelassen und wird bis heute im medizinischen Bereich eingesetzt, auch wenn sich gezeigt hat, dass er leicht leberschädlich ist (6).

Es wurden zahlreiche andere Wirkstoffe entwickelt, die wie Norethandrolon einfache Veränderungen der Testosteron Struktur darstellten. Nur zwei, die später noch näher beschrieben werden, erwiesen sich als Norethandrolon überlegen, wenn es um die Anwendung als Protein Anabolikum geht, bei dem eine Minimierung der virilisierenden Nebenwirkungen gewünscht ist. Viele sind ähnlich und viele sind schlechter, was die Toxizität und/oder die klinische Androgenwirkung sowie andere Nebenwirkungen angeht. Bestimmte substanzieller modifizierte Strukturen besitzen Eigenschaften, die über den reinen Protein Anabolismus hinaus gehen und sie therapeutisch nützlich für andere Anwendungen machen.

Zurzeit bekannte klinische Aktivitäten von Testosteron

Beim Menschen ist Testosteron dafür bekannt, dass es den Protein Anabolismus bei ausgezehrten Individuen verbessert und in supraphysiologischen Mengen kann Testosteron auch bei gesunden Menschen den Protein Anabolismus steigern. Es kann außerdem die Knochendichte aufrecht erhalten oder steigern. Diese Eigenschaften werden als anabol klassifiziert.

Androgene Eigenschaften umfassen beim Mann die Entwicklung und Aufrechterhaltung der männlichen sexuellen Charakteristika, das Einsetzen oder die Beschleunigung eines androgenetisch bedingten Haarausfalls und eine Vergrößerung der Prostata. Bei Frauen können diese Androgenwirkungen einen Hirsutismus induzieren, eine Vertiefung der Stimme bewirken, die Textur der Haut verändern, Menstrualirregularitäten hervorrufen, ein Wachstum des Knorpels der Nase induzieren und eine Vergrößerung der Klitoris bewirken. Andere Nebenwirkungen, die bei beiden Geschlechtern auftreten können, umfassen Akne, gesteigerte Aggression, gesteigerte Libido und Veränderungen der Stimmungslage. Viele der Gewebetypen, in denen diese Nebenwirkungen auftreten, weisen hohe Spiegel der 5-alpha Reduktase – ein Enzym, das Testosteron in Dihydrotestosteron (DHT) umwandelt – auf.

Andere Nebenwirkungen, die nicht sofort als anabol oder androgen charakterisierbar sind, umfassen Ödeme, eine Unterdrückung der LH/FSH Ausschüttung, Gynäkomastie bei Männern, Bluthochdruck und eine vorzeitige Reifung der unreifen Wachstumsfugen der Knochen. Diese Wirkungen können zum Teil oder vollständig durch die Umwandlung von Testosteron in Östrogen im Körper hervorgerufen werden, welche in erster Linie durch das CYP 19 Aromatase Enzym induziert wird. Weitere Nebenwirkungen umfassen hohen Blutdruck, eine Senkung des HDL Spiegels im Blut, eine längere Blutgerinnungszeit und den reversiblen Verlust der Fruchtbarkeit bei Männern. Testosteron ist außerdem dafür bekannt, dass es das Immunsystem moduliert (7) und andere stoffwechseltechnische Wirkungen besitzt, auf die an dieser Stelle nicht näher eingegangen werden soll.

Diese Aktivitäten scheinen primär das Resultat der Fähigkeit von Testosteron oder bestimmter seiner Stoffwechselprodukte – insbesondere DHT – an den Androgenrezeptor der Zellen anbinden zu können, zu sein. Der Androgenrezeptor bindet dann an die DNA der Zelle an und erhöht die Transkription bestimmter Gene. Dieses Konzept wurde von Jensen und Jacobsen im Jahr 1963 vorgeschlagen. Es scheint darüber hinaus auch Wirkungen auf translationaler Ebene zu geben (8).

Trotz der Liste unerwünschter potentieller Nebenwirkungen bleibt die Tatsache, dass Testosteron normal und notwendig für die Funktion von Personen beider Geschlechter ist. Die oben aufgezählten Komplikationen sollten als potentielle Resultate einer abnormalen Anwendung von Testosteron angesehen werden.

Die Beziehung zwischen Struktur und Aktivität

Das Gewebe der Prostata enthält hohe Spiegel der 5-alpha Reduktase, welche Testosteron in DHT umwandelt und es konnte gezeigt werden, dass DHT in diesem Gewebe das aktive Androgen ist. Die Skelettmuskulatur enthält hingegen nur geringe Mengen dieses Enzyms oder auch keinerlei 5-alpha Reduktase und es schien eine plausible Hypothese zu sein, dass DHT vielleicht für die Androgenwirkungen und Testosteron für die anabolen Wirkungen verantwortlich ist. Es wurde jedoch herausgefunden, dass die Androgenrezeptoren in der Muskulatur DHT besser als Testosteron zu binden und die Rezeptoren beider Gewebetypen lassen sich nicht voneinander unterscheiden (9).

Auch wenn gezeigt werden konnte, dass kürzere und längere Isoformen desselben Androgenrezeptors existieren (1), besitzen all diese Isoformen dieselbe Bindungsstelle und es konnten keine Unterschiede bezüglich ihrer Aktion gefunden werden. Der größte Teil der wissenschaftlichen Hinweise deutet darauf hin, dass es nur einen Androgenrezeptor gibt und dass Unterschiede bezüglich der Aktivität das Resultat einer unterschiedlich langen Zeitspanne sind, während der das anabole androgene Steroidmolekül an den Rezeptor gebunden bleibt oder dass solche Unterschiede aus einer gewebespezifischen Verstoffwechslung des Wirkstoffes resultieren (11).

Dementsprechend soll eine Beziehung zwischen Struktur und Aktivität an dieser Stelle nur im Bezug auf die Bindung an den Androgenrezeptor und die Verstoffwechslung in Betracht gezogen werden.

Die dreidimensionale Form ist der primäre Gesichtspunkt für die Bestimmung der Aktivität eines Steroidmoleküls. Vergleiche zwischen den Formen von Testosteron und DHT vs. Östradiol und anderweitig ähnlichen Molekülen illustrieren diesen Punkt.

Die Stereochemie des Steroidskeletts muss mit Testosteron identisch sein, oder die resultierende Veränderung der dreidimensionalen Form resultiert in einem Verlust an Aktivität.

Die ß (untere) Seite des Steroids bindet an den Androgenrezeptor an (12). Der Grad der Bindung einer Seite ist genauso unklar, wie die Art und Weise, auf die die 3-Keto Gruppe ihren Einfluss ausübt (12). Eine Reihe von Verbindungen bindet stark an den Androgenrezeptor, obwohl ihnen die 3-Keto Gruppe fehlt, was zeigt, dass eine 3-Keto Gruppe nicht benötigt wird.

Das Verständnis der Bindung wird durch die Tatsache verkompliziert, dass Studien bezüglich der Beziehung zwischen Struktur und Aktivität Bioassays mit einbezogen, bei denen auch die Bindung an ein Transportprotein ein Faktor ist. Das Transportprotein (ABP) bevorzugt eine Sättigung, wie sie bei DHT vorhanden ist, gegenüber einer D4 Doppelbindung, wie diese bei Testosteron vorhanden ist, doch dieses strukturelle Feature hat nur wenig mit der Bindung an den Androgenrezeptor zu tun. Die Gegenwart eins Hydroxyl Sauerstoffs an Position 17 verstärkt die Bindung an den Androgenrezeptor, nicht jedoch an das Transportprotein. Eine Entfernung der 19-Methylgruppe, wie dies bei Nandrolon der Fall ist, reduziert die Bindung an das Transportprotein, beeinträchtigt jedoch die Bindung an den Androgenrezeptor nicht.

Durchgeführte Substitutionen, die weiterhin eine volle Aktivität eines Derivats oder Analogons erlauben, umfassen: 4-chloro; 6-chloro; 6a-chloro oder fluoro; 6a or ß-methyl; unterschiedliche 7a Substitutionen; 9a-fluoro oder chloro; 11-keto; 11-hydroxy, chloro, oder fluoro; 11-keto; 17a-methyl oder ethyl; Eine Sättigung von D4; Doppelbindungen an Position D1, D5, D6, D10, oder D11; unterschiedliche Substitutionen an Position -1, -2 und -3 und 13; und eine Derivatisierung der -17 hydroxyl Gruppe (13).

Substitutionen, die die Aktivität eliminieren oder stark reduzieren können, umfassen 1a-ethyl; 2ß-fluoro; 3-methyl; 4-ethyl; 4,4-dimethyl; 5a-methyl; 10-cyano; 11ß-methyl; 13a-methyl; und massereiche 17a Substituenten (13).

Ein Computerprogramm wurde entwickelt, welches Berichten zufolge die Bindung eines Steroids nicht nur an den Androgenrezeptor, sondern auch an die Östrogen-, Progesteron-, Glukokortikoid- und Mineralokortikoid Rezeptoren voraussagt (14).

Eine wichtige Abwägung für die Verstoffwechslung umfasst die Frage, ob die 17 Position für eine Oxidation zugänglich ist, oder nicht. Wenn sie für eine Oxidation zugänglich ist, dann kann der Wirkstoff im Allgemeinen nicht oral verabreicht werden. Eine Methyl Substitution an dieser Position wird dieses Problem lösen, doch sie resultiert – mit der Ausnahme von Oxandrolon – in einer gewissen Leberschädlichkeit und korreliert mit einer Reduzierung der HDL Blutspiegel. Auch die Gegenwart von C19 korreliert mit einer Reduzierung dieser Lipidspiegel. Ein anderes Charakteristikum von großer Wichtigkeit ist die Fähigkeit des A Rings aromatisiert zu werde. Wenn er aromatisiert wird, bekommt das Molekül eine Östrogenaktivität. Dieser Faktor muss bei der Entwicklung dieser Wirkstoffe berücksichtigt werden, da die Umwandlung in Östrogen eine unerwünschte Nebenwirkung darstellt.

Es wurde entdeckt, dass die Verfügbarkeit einer D4 Doppelbindung, die enzymatisch reduziert werden kann und die Aktivität eines jeden solchen reduzierten Stoffwechselprodukts relativ zum nicht verstoffwechselten Wirkstoff für die Bestimmung der Dissoziation zwischen anabolen und androgenen Wirkungen eines Moleküls von primärer Wichtigkeit sind. Es konnte vor einiger Zeit gezeigt werden, dass Nandrolon (19-Nortestosteron) anders als Testosteron weniger wirkungsvoll wird, wenn es durch das 5-alpha-Reduktase Enzym zu seiner Dihydro Form (Dihydronandrolon) verstoffwechselt wird (15). Dies kann den beobachteten Unterschied bei der Levator Ani:Prostata Aktivität bei Ratten erklären. Wie Wirkung von Testosteron wird durch eine Verstoffwechslung durch das 5-alpha Reduktase Enzym in der Prostata gesteigert, während die Wirkung von Nandrolon in der Prostata durch die analoge Biotransformation reduziert wird. Dieses Prinzip könnte auch auf andere anabole androgene Steroide anwendbar sein, weshalb die Entwickler solcher Wirkstoffe das Resultat der Aktivität des 5-alpha Reduktase Enzyms nicht nur in der Prostata, sondern auch im Bereich der Kopfhaut und anderen Gewebetypen in Betracht ziehen müssen.

Unglücklicherweise scheint man die Bindung an Transportproteine bis jetzt nur schlecht zu verstehen. Es könnte wichtige Beziehungen zwischen Struktur und Aktivität geben, die man in diesem Bereich entdecken könnte. Diese Beziehungen könnten die Aktionen eines anabolen androgenen Steroids unter Umständen signifikant beeinflussen und den Entwicklern neuer Wirkstoffe die Möglichkeit geben, eine größere Selektivität der Aktion eines Wirkstoffes zu erreichen.

Die Entwicklung von Oxandrolon

Nach der Entwicklung von Norethandrolon begann sich Pappo bei Searle für das Konzept der Entwicklung von Testosteron Analoga mit einem Heteroatom im Steroidskelett zu interessieren. Die Substitution eines Sauerstoffatoms für das C2 Atom schien machbar und sinnvoll zu sein. Die erste produzierte Verbindung hatte eine geringe Wirkung, was die bis dahin geltende Theorie, dass das Steroidskelett unverändert bleiben muss, widerlegte. Dies war ein ausreichender Grund, um weitere Arbeiten zu rechtfertigen. Zusammen mit Jung synthetisierte Pappo später Oxandrolon (17a-methyl-2-oxa-5a -androstan-17ß-ol-3-one) (1).

Nach einer oralen Verabreichung an Ratten fand man heraus, dass Oxandrolon bezüglich der Reduzierung der Stickstoffausscheidung effektiv war, wobei keine Zunahme des Gewichts der Samenbläschen beobachtet werden konnte. Weiterhin konnte man zeigen, dass Oxandrolon nur eine sehr geringe Toxizität aufwies. Tests auf eine Östrogenwirkung, einen Östrogen Antagonismus, eine Progesteronaktivität, eine entzündungshemmende Aktivität und eine Anti-Desoxycorticosteron Aktivität zeigten, dass Oxandrolon keine dieser potentiellen Nebenwirkungen besaß (16).

Humanversuche wurden mit Testpersonen mit konstanter Nahrungszufuhr durchgeführt und die Stickstoffausscheidung über den Urin wurde gemessen. Hierbei konnten bereits ab einer Dosierung von 0,6 mg pro Tag Stickstoff sparende Wirkungen beobachtet werden. Während die Dosierung schrittweise auf 20 mg pro Tag erhöht wurde, konnten progressiv stärkere Reaktionen beobachtet werden, die sich logarithmisch verhielten. Die anabole Potenz schien im Bereich der 3,8 bis 10,6-fachen Potenz von Methyltestosteron bei einer geschätzten durchschnittlichen Effektivität vom 6,3-fachen der Effektivität von Methyltestosteron zu liegen (16).

Bei Dosierungen von bis zu 40 mg pro Tag hatte Oxandrolon keine Auswirkung auf die Ausscheidung von Natrium. Die Urin Hydroxykortikosteroide wurden durch Oxandrolon nicht beeinflusst, was darauf hin deutet, dass der Wirkstoff keine ACTH unterdrückende Aktivität zeigt. Die Auswirkung auf die zirkulierenden Eosinophile wurde bei Dosierungen von 5 und 20 mg Oxandrolon pro Tag untersucht und es zeigte sich, dass Oxandrolon keine Wirkung zeigte (16).

Fox et al. hoben hervor, dass der einzige strukturelle Unterschied zwischen Oxandrolon und Methyldihydrotestosteron die Ersetzung des C2 Atoms durch ein Sauerstoffatom ist und die gesteigerte Wirkung von Oxandrolon deshalb ausschließlich auf der Einfügung des Sauerstoffatoms beruht (16). Bei anderen Molekülen kann jedoch im Allgemeinen durch eine solche Substitution keine Verbesserung der Wirkung beobachtet werden (13).

Die Verwendung von Oxandrolon heute

Oxandrolon ist unter den 17-methylierten anabolen Steroiden insofern einzigartig, als dass es nur eine minimale oder keine Lebertoxizität aufweist. Seine Sicherheit könnte auf der Tatsache beruhen, dass der Wirkstoff zum größten Teil unverändert wieder ausgeschieden wird. Die Firma BioTechnology General, die diesen Wirkstoff vor kurzem erneut auf den Markt gebracht hat, sagt, dass Oxandrolon im Gegensatz zu anderen Steroiden primär außerhalb der Leber verstoffwechselt wird, während ein großer Teil unverändert wieder ausgeschieden wird (17).

Anwendungen umfassen die Behandlung des Turner Syndroms bei Mädchen (9), verzögertes Wachstum oder verzögert einsetzende Pubertät bei Jungen (18, 19) und alkoholbedingte Hepatitis. Es ist das einzige anabole Steroid, das von der amerikanischen Gesundheitsbehörde zur Behandlung eines chronischen Untergewichts zugelassen wurde. Die kürzliche Wiedereinführung des Wirkstoffes erfolgte hauptsächlich im Hinblick auf seine Verwendung im Rahmen der Behandlung von Verfallserscheinungen bei AIDS Patienten.

Es wurde weiterhin herausgefunden, dass dieser Wirkstoff die Körperfettschemata bei fettleibigen Männern verändert und eine proportional größere Reduktion des Bauchfetts relativ zum Gesamtkörperfett bewirkt, als dies ohne diesen Wirkstoff beobachtet werden kann. Dies könnte ein Gesundheitsvorzug sein (21).

Oxandrolon kann aufgrund der Gegenwart des Sauerstoffatoms im A Ring nicht aromatisieren und besitzt deshalb keine Stoffwechselprodukte mit einer Östrogenaktivität. Anekdotenhaft ist Oxandrolon als eines der beiden einzigen Steroide mit hoher Sicherheit und nur minimalen Nebenwirkungen bekannt. (Das andere Steroid, Metenolon, ist in den Vereinigten Staaten nicht erhältlich.)

Andere Steroide für eine anabole Anwendung, die eine hohes anaboles/androgenes Dissoziationsverhältnis aufweisen

Nandrolon (IM) „Deca-Durabolin“

Wie bereits beschrieben wurde, verliert diese Verbindung bei einer Reduktion an Wirkung, was eine logische Erklärung für die beobachtete Verbesserung des anabolen/androgenen Dissoziationsverhältnisses liefert. Nandrolon kann zur Behandlung von Osteoporose (22) – inklusive Kortikosteroid induzierter Osteoporose (23), zur Unterstützung der parenteralen Ernährung bei unterernährten Patienten, zur Behandlung einer Mangelernährung bei kontinuierlicher ambulanter Peritonealdialyse (24) und zur Behandlung chronischer obstruktiver Lungenerkrankungen (25) effektiv eingesetzt werden. Darüber hinaus kann Nandrolon die Erythopoese anregen und zur Behandlung von Anämien eingesetzt werden, die auf einem Nierenversagen oder anderen Ursachen beruhen. Es gibt zahlreiche anekdotenhafte Berichte von Ärzten, die AIDS Patienten behandeln, dass Nandrolon die zellvermittelte Immunfunktion signifikant verbessern kann, was sich in einer Zunahme an CD8+ T-Tellen manifestiert (26). Weiterhin wurde eine Zunahme de p24 Antikörper beobachtet (27). Wie bereits erwähnt wurde, wird die Anwendung von Nandrolon – inklusive einer transdermalen Zufuhr – zur Behandlung von Verfallserscheinungen bei AIDS Patienten untersucht (28).

Bei Verwendung therapeutischer Dosierungen bewirkt Nandrolon keine unvorteilhafte Reduzierung der HDL Blutfettwerte (29). Es ist vielleicht eine interessante Anmerkung, dass man herausgefunden hat, dass Nandrolon ein natürliches Produkt ist, das natürlich im Körper von Pferden, Rindern und Wildschweinen vorkommt (30).

Metenolon (I.M., oral) „Primobolan“

Dieser Wirkstoff wird aufgrund seiner erfolgreichen Anwendung in Europa erwähnt. Metenolon, Oxandrolon und Testosteron Undecanoat sind die einzigen oralen Steroide, die zum Zweck der Anregung des Anabolismus verwendet werden und keine klinisch signifikante Hepatotoxizität zeigen. Dieser Wirkstoff wird außerdem als das anabole androgene Steroid angesehen, dass die geringste virilisierende (vermännlichende) Wirkung besitzt, auch wenn Oxandrolon in dieser Hinsicht vergleichbar sein dürfte. Metenolon könnte Nandrolon bei der Behandlung von Frauen bei allen Erkrankungen, zu deren Behandlung Nandrolon eingesetzt wird, überlegen sein, doch dieser Wirkstoff ist in den USA nicht erhältlich. Von Schering hergestelltes Metenolon ist in anderen Ländern jedoch weit verbreitet.

Testosteron Medizinprodukte

Eine Veresterung der 17-Hydroxyl Gruppe von Testosteron produziert einen Wirkstoff für die intramuskuläre Injektion mit vorteilhaften pharmakodynamischen Eigenschaften. Die resultierende Erhöhung des Partitionskoeffizienten bewirkt, dass der größte Teil des Wirkstoffes zu jedem gegebenen Zeitpunkt in Fett gelöst vorliegt und eine langsame Freisetzung ins Blutserum erfolgt. Cypionat, Enanthat und Undecanoat Ester sind gebräuchliche Ester, wobei die längerkettigen Ester eine längere Halbwertszeit aufweisen. Diese kann oberhalb von einer Woche liegen (31).

Die Anwendung von Testosteron Estern umfasst die Hormonersatztherapie bei Männern. Testosteron Ester werden außerdem als mögliches Mittel zur Empfängnisverhütung untersucht (32).

Testosteron Undecanoat ist auch als orale Darreichungsform verfügbar, welche direkt vom lymphatischen System aufgenommen und somit nicht in der Leber oxidiert wird, wie dies im Allgemeinen bei nicht alpha-17-alkyliertem Testosteron der Fall wäre. Die orale Darreichungsform von Testosteron Undecanoat besitzt eine Halbwertszeit von wenigen Stunden und klinische Dosierungen resultieren nicht in einer signifikanten Unterdrückung der LH/FSH Ausschüttung, die bei intramuskulär injizierten Testosteron Estern beobachtet werden kann, was wahrscheinlich auf den pharmakodynamischen Unterschieden beruht. Eine Studie konnte bei Patienten, die Testosteron Undecanoat über 10 Jahre oder länger verwendet hatten, keine Leberprobleme feststellen. Testosteron Undecanoat wurde erfolgreich zur Behandlung von Wachstumsproblemen bei Jungen eingesetzt (19) und konnte erstaunlicherweise das Serum Lipidprofil bei älteren Männern verbessern (33). Darüber hinaus konnte dieses Medikament zur therapeutischen Behandlung bei myokardialer Ischämie eingesetzt werden, wobei es eine bestehende Angina Pectoris linderte und die Ergebnisse von ECG und EKG Messungen verbesserte.

Die im klinischen Bereich verwendete Dosierung liegt bei diesem Wirkstoff jedoch typischerweise bei 240 mg pro Tag, was auf eine schlechte Bioverfügbarkeit dieser Darreichungsform hinweist.

Darüber hinaus wurden Testosteron Pflaster entwickelt und vor kurzem insofern verbessert, als dass sie jetzt auf der Haut des Rückens anstatt am Hodensack aufgeklebt werden können. Die Hersteller dieses Produkts (Androderm) schätzen den Markt der Hormonersatztherapie bei Männern auf etwa 8.000.000.000 Dollar, wobei sie sich 10% hiervon erhoffen. Testosteron Pflaster werden auch bezüglich ihrer Anwendung bei körperlichen Verfallserscheinungen bei AIDS Patienten untersucht (34).

Sublinguales Testosteron Cyclodextrin ist ein anderes neues Produkt und resultiert in einer geringeren LH/FSH Unterdrückung als intramuskulär verabreichtes Testosteron Enantat. Die Halbwertszeit liegt bei etwa einer Stunde. Dieses Produkt wird als für die Behandlung von Jungen mit verzögert einsetzender Pubertät und für ältere Männer mit einem Androgendefizit geeignet angesehen (35).

Wissenschaftler heben hervor, dass Testosteron – wenn auch in niedrigerer Konzentration – auch für die weibliche Physiologie normal ist und dass auch ältere Frauen unter einem Androgendefizit leiden können, das in einem Verlust an Energie, Depressionen, einer Beeinträchtigung der sexuellen Funktion und Kopfschmerzen resultieren kann. Eine Wiederherstellung des Testosteronspiegels im normalen weiblichen Bereich hat sich in Kombination mit einer Östradiol Therapie als hilfreich erwiesen. Wissenschaftler sind der Ansicht, dass dies ein vernachlässigter Bereich der medizinischen Praxis ist und dass weitere Untersuchungen notwendig sind (36).

Dihydrotestosteron (transdermal, I.M.)

DHT hat sich bei der Behandlung eines Mikrophallus bei transdermaler Anwendung als effektiv erwiesen (37) und ist auch bei der Behandlung älterer hypogonadaler Männer von Wert. In der Prostata wird exogen zugeführtes Testosteron enzymatisch in DHT – ein stärkerer Agonist des Androgenrezeptors – und in Östrogen umgewandelt. Eine Prostatavergrößerung ist – vielleicht aus diesem Grund – eine häufige Nebenwirkung der Testosteron Anwendung. Es konnte jedoch gezeigt werden, dass wenn DHT bei älteren hypogonadalen Männern eingesetzt wird, eine Reduzierung der Größe der Prostata stattfindet (38). Dies scheint auf einer Hemmung des endogenen Testosterons, des Östradiols und der Aromatase zu beruhen. Darüber hinaus ist DHT in den meisten Gewebetypen (außer vielleicht im Muskelgewebe als Resultat einer enzymatischen Umwandlung in Diol) wirkungsstärker als Testosteron, wogegen Testosteron in den Gewebetypen, denen es an 5-alpha Reduktase mangelt, weniger wirkungsvoll ist. DHT kann deshalb in einer geringeren Dosierung als Testosteron verabreicht werden, um dieselbe Wirkung im Zielgewebe hervorzurufen und es kommt auch weniger Östradiol in der Prostata an, wenn DHT selbst als Medikament verabreicht wird. DHT wurde jedoch nicht in großem Umfang bezüglich der Anwendung im Rahmen einer Hormonersatztherapie untersucht.

Auch Derivative von DHT, wie z.B. Dromostanolon, könnten von Interesse sein.

Testosteron Analoga für andere Anwendungen als den Anabolismus

Danazol (Oral) „Danacrit“

Danazol ist bei der Langzeitprophylaxe von hereditären Angioödemen der Wirkstoff der Wahl. Es gehört außerdem zu den bevorzugten Wirkstoffen zur Behandlung einer Endometriose (39). Plausible Mechanismen, für deren Aktivität es Hinweise gibt umfassen eine Unterdrückung des Intermenstrual Schubs von LH/FSH auf Ebene des Hypothalamus (40), eine Hemmung der Transkription des Gens für den Östrogenrezeptor in den Monozyten (41) und eine Stimulation von B Zellen (43). Eine Danazol Therapie wirkt außerdem einer Osteoporose entgegen, wogegen viele andere Medikamente zur Behandlung der Endometriose einen Verlust an Knochenmasse bewirken (44).

Ein Nachteil der Danazol Therapie ist, dass etwa 10% der Patienten hepatozellulare Schäden davontragen und virilisierende Nebenwirkungen bei therapeutischen Dosierungen zur Behandlung der Endometriose häufig auftreten (45). Eine Verabreichung in Form von Vaginalzäpfchen hat sich jedoch als effektiver Weg erwiesen, den Wirkstoff zielgerecht zur Behandlung einer Endometriose zuzuführen, wodurch die Nebenwirklungen reduziert werden sollten.

Danazol hat sich auch bei der Behandlung von fibrozystischer Myopathie der Brust (46), idiopatischen thrombotytopenischer Pupura (47, 48), Gewebserkrankungen mit einem Protein S Defizit (49), autoimmunhämolytischer Anämie (50, 51), Menorrhagie und ernsthaftem prämenstruellem Syndrom (53, 54) als nützlich erwiesen.

Danazol bindet mit einer niedrigen Affinität an die Glukokortikoid Bindungsstellen in der Leber an (55).

Die Plasma Fibrinogen und Lipoprotein (a) Spiegel sinken während einer Danazol Therapie, während gleichzeitig die Plasminogen Spiegel steigen, wodurch der Prozess der Thrombose gehemmt wird.

Stanozolol (Oral oder I.M.) „Winstrol“

Dieser Wirkstoff ist ein wirkungsvolles Anabolikum, bindet jedoch auch an den Androgenrezeptor und die LAGS in der Leber an (55). Es konnte gezeigt werden, dass Stanozolol im Muskelgewebe die sofortige frühe Genexpression über vom Androgenrezeptor unabhängige Mechanismen stimuliert (57). Stanozolol kann darüber hinaus die Produktion von Prostaglandin E2, von Matrix Metalloprotease Kollegenase und von Stromelysin in Haut Fibroblasten anregen. Es konnte außerdem gezeigt werden, dass es die durch Wachstumsfaktoren angeregte DNA Synthese und Fibroblasten hemmt (56). Der Wirkstoff besitzt substantielle fibrinolytische Eigenschaften und hat sich bei der Behandlung von Nesselsucht, des Raynaud Syndroms, Cryptofibrinogenemie und Lipodermatosclerose als effektiv erwiesen (58). Es konnte darüber hinaus die Heilung von Osteoporose in Fällen bewirken, bei denen sich diese Erkrankung gegen alle anderen Therapien als resistent erwiesen hatte (59). Stanozolol wurde erfolgreich bei der Behandlung von Verfallserscheinungen bei AIDS Patienten eingesetzt (60).

Dieser Wirkstoff hat sich außerdem bei der Behandlung von hereditären Angioödemen als nützlich erwiesen (61), wenn auch in geringerem Umfang als andere orale anabole Steroide. Stanozolol beeinflusst einige immunologische Prozesse. Es konnte gezeigt werden, dass Stanozolol die Anzahl der Lymphozyten und CD8+ Zellen erhöht, aber die CD4+ und CD3+ Konzentrationen bei Frauen, die diesen Wirkstoff zur Behandlung von Osteoporose einsetzen, reduziert (62). Diese Wirkung dürfte sich bei der Behandlung von Autoimmunerkrankungen als nützlich erweisen.

Stanozolol senkt außerdem die Lipoprotein (a) Spiegel (63).

Tibolone (Oral) „Livial“

Tibolone besitzt schwache östrogene, progesterone und Androgenrezeptor agonistische Eigenschaften (64). Es wurde bei postmenopausalen Frauen verwendet und erwies sich bei der Linderung klimakterischer Symptome und der Aufrechterhaltung der Integrität des Skeletts als effektiv. Es kann vasomotorische Symptome und Vaginaltrockenheit reduzieren (56) und die periphere Mikrozirkulation verbessern (65). Darüber hinaus hat man herausgefunden, dass es das sexuelle Verlangen steigert (66). Tibolone wurde eingesetzt, um die Lipoprotein (a) Spiegel, die Triglyzeridspiegel und die LDL Blutfettwerte zu senken (67).

Es wurde behauptet, dass Tibolone anders als Östradiol weder östrogensensitive Tumore, noch die Gebärmutterschleimhaut stimuliert und aus diesem Grund keine Vaginalblutungen induziert. (Trotzdem wurden in einigen klinischen Fällen Vaginalblutungen beobachtet). Nur 2,5 mg pro Tag werden benötigt. Weiterführende Studie bezüglich der Eignung als Komponente im Rahmen der Hormonersatztherapie bei postmenopausalen und vielleicht auch älteren Frauen scheinen erforderlich zu sein.

Ausblicke auf zukünftige Entwicklungen

Diese Klasse von Wirkstoffen wurde bis dato Entwickelt, ohne dass Untersuchungen vorliegen, die beweisen, dass sie Akkurat mit dem therapeutischen Wert oder Nebenwirkungen oder der Wichtigkeit beim Menschen korrelieren. Darüber hinaus sind bei weitem noch nicht alle enzymatischen Umwandlungen dieser Wirkstoffe in jedem Gewebetyp bekannt. Vielleicht am gravierendsten ist jedoch die Tatsache, dass das gesamte Konzept, dass die Androgenwirkung eines Steroids eine von den anabolen Eigenschaften unabhängige Eigenschaft ist, fundamental inkorrekt war. Hiermit soll nicht gesagt werden, dass die Forscher falsch lagen, als sie versuchten die Unterschiede zwischen diesen Aktivitäten, die sie messen konnten, zu maximieren. Es bedeutet ganz einfach nur, dass damals die Möglichkeiten noch nicht verfügbar waren, diese Wirkstoffe adäquat zu verstehen und in der Tat entwickeln sich diese Möglichkeiten erst heute.

Das Erlangen eines besseren Verständnisses der Beziehung zwischen Struktur und Aktivität und die Entwicklung von Untersuchungen, bei denen kultivierte, differenzierte menschliche Zellen verwendet werden, welche direkt die gewünschte therapeutische Aktivität sowie alle spezifischen unerwünschten Nebenwirkungen zeigen, sollten den Entwicklern von Wirkstoffen die notwendigen Werkzeuge zur Verfügung stellen, um eine neue Generation anaboler Steroide von überlegener Selektivität und Sicherheit zu entwickeln.

Als Beispiel sollen in diesem Zusammenhang Untersuchungen genannt werden, die das Verhältnis zwischen myotrophischer Aktivität im Levator Ani versus der prostatotrophischen Aktivität bei kastrierten Ratten maßen (die primäre Untersuchungsmethode, die bei der Steroidentwicklung in der Vergangenheit verwendet wurde). Von diesen Untersuchungen kann man nicht wirklich erwarten, dass sie bei der Identifikation von Verbindungen mit maximaler therapeutischer Wirkung bei gleichzeitig minimalen Nebenwirkungen für die Behandlung von Osteoporose bei Frauen, wirklich von Wert sind, während Untersuchungen mit kultivierten menschlichen Zellen unter Umständen die klinischen Eigenschaften eines Wirkstoffes recht gut voraussagen können,

Heute ist eine rationale Entwicklung von Wirkstoffen, welche die enzymatischen Biotransformationen von Steroiden berücksichtigt, möglich. Eine Aromatisierung ist z.B. im Allgemeinen eine unerwünschte Wirkung und eine Reihe von offensichtlichen Methoden kann spezifisch eingesetzt werden, um die Aromatase zu bekämpfen. Einige dieser Möglichkeiten wurden noch nie verwendet oder hergestellt, doch sie könnten heute leicht synthetisiert werden.

Organische Synthesetechniken sind heute deutlich vielseitiger, als sie es in den fünfziger und sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts waren. Zu dieser Zeit war die Synthese von Testverbindungen im Allgemeinen auf die Modifikationen beschränkt, die mit den verfügbaren Techniken möglich waren und diese Techniken waren beschränkt. Eine ganze Reihe erfolgreicher Substitutionen wurden aufgrund dieser Beschränkungen nur in Kombination miteinander und niemals einzeln durchgeführt. Vielleicht existieren einige nützliche und sogar überlegene Wirkstoffe, die nur eine dieser Substitutionen besitzen. Die Wahrscheinlichkeit, mit dieser Methode einen nützlichen Wirkstoff zu finden, könnte relativ hoch sein.

Die Kraft und Universalität von Hormonen im Körper sollte unabhängig von jeglicher verbesserten Trennung der Wirkungen nicht unterschätzt werden und entsprechende Medikamente sollten immer mit Vorsicht angegangen werden. Spiegel von Wirkstoffen, die relativ zum Geschlecht des Patienten in ihrer Aktivität supraphysiologisch sind, werden immer ein Problem darstellen, wobei Männer einen deutlich größeren Überschuss als Frauen tolerieren können. In der Tat ist die Toxizität einer Überdosierung anaboler androgener Steroide bei Männern im Vergleich zu allen anderen Medikamenten außergewöhnlich niedrig. Trotzdem treten bei supraphysiologischen Spiegeln des Wirkstoffes Nebenwirkungen auf.

Es scheint unausweichlich zu sein, dass die Hormonersatztherapie für diejenigen, die das mittlere Lebensalter überschreiten, ein großer Markt werden wird. Unglücklicherweise ist der optimale Satz von Spiegeln von Hormonen bei dieser Personengruppe etwas, das nicht bekannt ist. Eine künstliche Wiederherstellung der Hormonspiegel auf Werte, die in jüngerem Alter normal sind, könnte sehr gut nicht optimal sein.

Für die männliche Hormonersatztherapie sind Testosteron selbst oder seine Ester Derivate heute die bei weitem vorherrschenden Wirkstoffe, auch wenn synthetische anabole Steroide speziell dafür entwickelt wurden, eine sichere Alternative zur Verfügung zu stellen. Es ist ironisch, dass dieselbe Generation, die anabole Steroide in der Vergangenheit verbannt hat, jetzt nach Testosteron für sich selbst verlangt. Viele Abgeordnete oder andere angesehene Personen erhalten von ihren Ärzten Testosteron, doch die meisten von ihnen würden abstreiten Verwender anaboler Steroide zu sein. Interessant ist auch, dass viele Ärzte aus vermeintlichen rechtlichen Gründen extrem abgeneigt sind, ihren Patienten anstelle von Testosteron Oxandrolon, Methenolon, Nandrolon oder andere synthetische Wirkstoffe zu verschreiben.

Es ist zu hoffen, dass solche nichtmedizinischen Faktoren nicht obsiegen werden. Testosteron selbst besitzt für ältere Männer zahlreiche Nachteile: es kann z.B. leicht eine Vergrößerung der Prostata hervorrufen, sowie die Blutfettwerte verschlechtern und resultiert in einem relativ hohen Grad an Unterdrückung von LH/FSH. Hiermit soll nicht gesagt werden, dass offensichtlich ist, welche Wirkstoffe genau verwendet werden sollten – falls überhaupt – oder auf welche Art und Weise diese eingesetzt werden sollten. Doch es scheint klar zu sein, dass synthetische Analoga und Derivate wichtige Rollen spielen sollten, da einige von ihnen wirkliche Vorteile zu bieten haben.

Die Therapie für postmenopausale und ältere Frauen hat die Tatsache übersehen, dass Androgene ein normaler Teil der weiblichen Physiologie sind. Bei normalen weiblichen physiologischen Spiegeln resultieren Sie nicht in Vermännlichungserscheinungen, sondern ihre Aktivitäten tragen zur normalen Funktion und Gesundheit des weiblichen Körpers bei. Eine Hormonersatztherapie für Frauen sollte diese Tatsache nicht ignorieren. Auch hier besitzen synthetische anabole Steroide – insbesondere Oxandrolon, Methenolon, Tibolone und vielleicht auch Nandrolon – wahrscheinlich Vorteile gegenüber Testosteron.

Das hormonelle Milieu des Körpers ist komplex. Es scheint unwahrscheinlich zu sein, dass einfache Lösungen des Problems eines hormonellen Defizits oder für Krankheiten, die durch Hormone beeinflusst werden, jemals optimale Resultate bewirken werden. Während der letzten Jahre wurden jedoch bezüglich des Verständnisses der Aktionen anaboler androgener Steroide große Fortschritte erzielt und der explodierende Markt für diese Produkte könnte pharmazeutische Firmen in der Zukunft unter Umständen motivieren, in diesem Bereich weitere Untersuchungen durchzuführen.

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Den Originaltext finden Sie hier: http://www.mesomorphosis.com/articles/pharmacology/history-of-anabolic-steroids.htm#ixzz15NPizBgK

 

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