die wahre Wirkung von SARMs – besser als Steroide?

Wer nach Alternativen zu Steroiden sucht, wird früher oder später auf SARMs stoßen. Oftmals werden diese nämlich als „weniger schädlich“, aber genauso wirksam propagiert. Das klingt im ersten Moment wie ein Jackpot im Bodybuilding. Doch sind sie wirklich genauso effektiv wie Steroide ohne deren Nebenwirkungen und Risiken?

Viele Gründe sprechen dafür, dass SARMs das „ultimative Supplement“ für gesundheitsbewusste Bodybuilder sei. Außerdem schwören viele Sportler auf deren leistungssteigernde und muskelaufbauende Wirkung. Doch irgendwie klingt das Ganze zu gut, um wahr zu sei, oder?

In diesem Artikel werden wir der Sache auf den Grund gehen. Wir werden uns ansehen, was SARMs sind, wie sie wirken und was die Wissenschaft über ihre Effektivität und Sicherheit sagt.

Was sind SARMs?

Der Begriff SARM steht für “Selektiver Androgenrezeptor Modulator“. Es handelt sich um eine Medikament, welches aus chemischer Sicht anabolen Steroiden ähnelt.

Es gibt eine ganze Reihe von SARMs auf dem Markt und einige sind stärker und weisen ein höheres Risiko für Nebenwirkungen als andere auf.

Die beliebtesten SARMs:

  • MK-2866 oder GTx-024 (Ostarin)
  • LGD-4033 (Ligandrol)
  • LGD-3303
  • GSX-007 oder S-4 (Andarin)
  • GW-501516 (Cardarin)

Ihr werdet euch vielleicht über diese seltsamen alphanumerischen  Namen wundern.  SARMs wurden noch nicht für die medizinische Verwendung zugelassen. Aus diesem Grund haben sich pharmazeutischen Vermarkter noch nicht darum gekümmert ihnen Namen zu geben.

Wirkungsweise

Um zu verstehen, wie diese Wirkstoffe wirken, müssen wir zuerst einen Blick auf die Physiologie von Hormonen werfen. Hormone sind chemische Botenstoffe, die unser Körper verwendet, um mit den Zellen zu kommunizieren. Ihr könnt euch Hormone als ausgehende Mails vorstellen, die wichtige Instruktionen enthalten. Und wenn sie die Mailbox der Zellen – Hormonrezeptoren – erreichen, werden diese Befehle ausgeführt.

Androgene sind Hormone die maskuline Eigenschaften (tiefere Stimme, Gesichtsbehaarung, mehr Muskeln, usw.) produzieren. Das bekannteste Androgen ist Testosteron. Doch es gibt noch weitere.

Androgene entfalten ihre Wirkungen im Körper über drei primäre Wege:

  1. Anbinden an die Androgenrezeptoren der Zellen
  2. Umwandlung in das Hormon Dihydrotestosteron (DHT), welches an den Androgenrezeptor anbindet
  3. Eine Umwandlung in das Hormon Östradiol (Östrogen), welches an einen anderen Typ von Zellrezeptor anbindet (Östrogenrezeptor).

Unter normalen Umständen reguliert euer Körper die Androgenproduktion sorgfältig und verlässt sich hierbei auf empfindliche Rückkopplungsmechanismen, um Ungleichgewichte zu verhindern. Wenn ihr dem Körper anabole Steroide zuführt, werden eure Zellen jedoch mit Androgenen überflutet. Und zwar mit so vielen Androgenen, dass alle verfügbaren Rezeptoren vollständig gesättigt werden. Dies sendet eine außergewöhnlich starke „Nachricht“ an alle Zellen, inklusive der Muskelzellen. Infolge dessen wachsen diese rapide.

Ist doch super, oder?

Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass einige Nebenwirkungen von Steroiden reversibel sind, während andere irreversibel sind. Permanente Schäden sind also definitiv möglich! (1)

Reversible Veränderungen umfassen beispielsweise eine Atrophie der Hoden, Akne, Zysten, fettiges Haar und fettige Haut, erhöhten Blutdruck, erhöhte Spiegel des „schlechten“ LDL Cholesterins, gesteigerte Aggression und eine reduzierte Spermienzahl.

Irreversible Schäden umfassen androgenbedingten Haarausfall, Herzschäden (2), Erkrankungen der Leber und Gynäkomastie.

Süchtig nach Steroiden – SARMs die Lösung?

Ein weiterer großer Nachteil von Steroiden ist das Risiko für eine biologische und psychologische Abhängigkeit. Eine Studie (3) fand heraus, dass 30% aller Steroidanwender ein Abhängigkeitssyndrom entwickeln. Wenn ihr euch lange genug mit ehrlichen Steroidanwendern unterhaltet, dann werdet ihr alles über die abhängig machenden Eigenschaften von Steroiden erfahren.

Wissenschaftler versuchen schon seit längerer Zeit Steroide oder steroidähnliche Medikamente zu entwickeln, die sich nicht so verheerend auf die Gesundheit und das Wohlbefinden von Anwendern auswirken. Supplementhersteller behaupten, dass SARMs genau diese Wirkstoffe sind.

SARMs sind nichtsteroidale Medikamente. Man hat sie entwickelt, um die Androgenrezeptoren nur in Muskel- und Knochenzellen zu stimulieren. Dabei sollen sie nur geringfügige Auswirkungen auf andere Zellen des Körpers und das endokrine System haben.

In diesem Sinn ist die Verwendung regulärer anaboler Steroide so etwas wie ein „Flächenbombardement“ eures Körpers mit Androgenen. Das Ziel wird zwar erreicht, aber die Ausführung ist schlampig und resultiert in einer Menge Kollateralschäden. Die Einnahme vom SARMs ist eher wie ein gezielter Drohneneinsatz. Mit anderen Worten ausgedrückt, können SARMs eure Muskelzellen ohne all den Lärm und die Unordnung, die Steroide verursachen, zum Wachsen bringen.

Wirkung von SARMs im Detail

Technisch gesehen erreichen SARMs ihre Wirkung auf zwei Wegen:

  1. Sie besitzen eine spezielle Affinität für bestimmte Körpergewebe wie Muskeln und Knochen, aber nicht für andere Körpergewebe wie Prostata, Leber und Gehirn.
  2. Wandelt sie der Körper nicht (oder nicht so leicht) in unerwünschte Moleküle wie DHT und Östrogen um, die Nebenwirkungen hervorrufen.

Dabei ist der zweite Punkt recht signifikant.

Eine Schlüsseleigenschaft von SARMs ist, dass sie nicht so leicht durch ein Enzym namens 5-a-Reduktase in eine andere Form umgewandelt werden können (4). Das 5-a-Reduktase Enzym wandelt Testosteron in DHT um. Genau das sorgt für viele der unerwünschten Nebenwirkungen anaboler Steroide.

SARMs sind auch gegenüber dem Enzym Aromatase resistent (5). Dieses wandelt Testosteron in Östrogen um. Da SARMs weniger wirkungsvoll als reguläre Steroide sind, unterdrücken sie die natürliche Testosteronproduktion des Körpers weniger stark (6). Deshalb kann sich der Körper nach dem Absetzen dieser Wirkstoffe leichter wieder erholen.

Warum supplementieren die Leute mit SARMs?

Man hat SARMs ursprünglich für Menschen entwickelt, die unter Erkrankungen wie Muskelschwund, Osteoporose, Anämie und chronischer Erschöpfung leiden. Dementsprechend waren sie waren als „gesündere Alternative“ für eine Testosteron-Ersatztherapie gedacht. Ob sie diese Punkte tatsächlich erfüllen können, muss die Wissenschaft allerdings noch beweisen.

Bodybuilder verwenden SARMs für gewöhnlich aus einem der beiden folgenden Gründe:

  1. Für Erfahrungen mit anabolen Wirkstoffen, bevor sie zu traditionellen Steroidzyklen übergehen
  2. Um die Effektivität von Steroidzyklen zu steigern, ohne die Nebenwirkungen oder die Gesundheitsrisiken übermäßig zu erhöhen.

Viele Bodybuilder glauben auch, dass SARMs für eine Definitionsphase besonders hilfreich sei. Schließlich Solen sie dabei helfen, fettfreie Körpermasse aufrecht zu halten ohne Wassereinlagerungen hervorzurufen.

Wie gut wirken SARMs?

Was den Muskelaufbau angeht, haben Untersuchungen gezeigt, dass SARMs nicht so wirkungsvoll wie traditionelle Steroide sind (7). Jedoch sind sie effektiver als alle natürlichen Wirkstoffe. Außerdem sind sie bei Sportlern beliebt, weil sie bei Dopingtests schwerer nachweisbar sind (8).

Keine Wirkung ohne Nebenwirkung!

Nichtsteroidale SARMs gibt es bereits seit einigen Jahrzehnten, allerdings mangelt es an Menschen durchgeführten Untersuchungen. Unglücklicherweise wissen wir einfach noch nicht genug darüber, wie sie genau wirken und welche langfristigen Nebenwirkungen sie besitzen können. Was wir allerdings bis dato wissen ist, dass SARMs die natürliche Testosteronproduktion unterdrücken.

Eines der Hauptverkaufsargumente für viele dieser Wirkstoffe ist die Behauptung, dass diese ihre körpereigene Testosteronproduktion nicht unterdrücken. Das ist eine Lüge! Diese Wirkstoffe unterdrücken die Testosteronproduktion sehr wohl!

Im Rahmen einer Studie nahmen männliche Probanden 3 Milligramm des SARMs Ostarin (alias GTx-024) pro Tag über einen Zeitraum von 86 Tagen ein. Anschließend konnte man einen Abfall der Spiegel des freien Testosterons um 23% und ein Absinken der Gesamttestosteronspiegel um 43% beobachten. (9)

Ähnliche Auswirkungen hat man auch bei einer mit dem SARM Ligandrol durchgeführten Studie beobachtet. (10) In der Tat werden SARMs auch als mögliches männliches Verhütungsmittel untersucht (11), da sie die Spiegel des luteinisierenden Hormons und des follikelstimulierenden Hormons senken. Dadurch reduziert sich die Spermienzahl und die Testosteronspiegel drastisch.

Studien zeigen also recht eindeutig, dass SARMs definitiv die natürliche Testosteronproduktion hemmt. Und all dies überrascht nicht, wenn ihr die grundlegende Physiologie berücksichtigt, die hier mit im Spiel ist.

Wenn ihr dem Körper Androgene zuführt, dann erkennt er diese Erhöhungen der Androgenspiegel und reagiert hierauf mit einer Reduzierung der körpereigenen Produktion. Je mehr SARMs einnehmt, desto mehr Nebenwirkungen werdet ihr verspüren. SARMs sind nicht völlig frei von Nebenwirkungen. Die Nebenwirkungen neigen nur dazu bei geringen Dosierungen geringer auszufallen! Zudem kann sich der Körper von SARMs wahrscheinlich leichter erholen, als von regulären Steroiden.

Erinnern wir uns daran, dass SARMs nicht auf dieselbe Art und Weise wie Steroide in DHT und Östrogen umgewandelt werden, können sie somit einen nicht allzu negativen Einfluss auf den Körper haben. SARMs sind außerdem nicht so anabol wie reines Testosteron, was bedeutet, dass sie wahrscheinlich auch die natürliche Testosteronproduktion nicht so stark unterdrücken.

Fazit zum Thema SARMs

SARMs sind Wirkstoffe, die einige der Vorzüge anaboler Steroide bei weniger Nebenwirkungen liefern können. Sie sind nicht so effektiv wie Steroide, steigern jedoch das Muskelwachstum stärker als jedes andere auf dem Markt erhältliche natürliche Supplement. Sie scheinen auch sicherer als anabole Steroide zu sein. Allerdings sollte man nicht automatisch davon ausgehen, dass ihre Einnahme sicher ist.

Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen klar, dass sie die natürliche Testosteronproduktion unterdrücken und das endokrine System negativ beeinflussen. Darüber hinaus wissen wir nicht, welche langfristigen Auswirkungen eine Verwendung von SARMs auf die Gesundheit haben könnte. Angesichts der Natur dieser Wirkstoffe ist es wahrscheinlich, dass sie langfristige negative Auswirkungen besitzen könnten.

Wenn ihr eine Empfehlung hören möchtet, mit der ihr auf der sicheren Seite seid, wäre es Folgende: Haltet Euch von SARMs fern! Die Nachteile übertreffen die Vorteile und diese Verbindungen sind ganz einfach nicht notwendig, um einen muskulösen, starken und schlanken Körper aufzubauen, auf den ihr stolz sein könnt.

Wichtiger Hinweis

Alle Informationen zu verschreibungspflichtigen Medikamenten oder anderen leistungssteigernden Substanzen dienen rein zu Informationszwecken und sind in kleinster Weise als Anleitung für eine Verwendung dieser Substanzen gedacht.
Wir distanzieren uns von jeglicher Verwendung verbotener leistungssteigernder Substanzen und raten dringend von deren Verwendung ab. Die Verwendung dieser Substanzen kann auch bei kurzzeitiger Anwendung zu ernsten Gesundheitsschäden führen und einige Substanzen wie Insulin oder DNP können bereits bei einmaliger falscher Anwendung tödlich wirken.
Des Weiteren möchten wir darauf hinweisen, dass bereits der Besitz relativ geringer Mengen dieser Substanzen in Deutschland strafbar ist und mit Geldstrafen oder Gefängnisstrafen geahndet werden kann. Für Sportler, die an Wettkämpfen teilnehmen, stellt bereits die Verwendung dieser Substanzen eine Straftat dar.

Referenzen:
1. Hartgens F, Kuipers H. Effects of androgenic-anabolic steroids in athletes.  Sports Med. 2004;34(8):513-54.
2. Baggish AL, Weiner RB, Kanayama G, Hudson JI, Picard MH, Hutter AM Jr, Pope HG Jr. Long-term anabolic-androgenic steroid use is associated with left ventricular dysfunction. Circ Heart Fail. 2010 Jul;3(4):472-6. doi: 10.1161/CIRCHEARTFAILURE.109.931063. Epub 2010 Apr
3. Kanayama G, Brower KJ, Wood RI, Hudson JI, Pope HG Jr. Anabolic-androgenic steroid dependence: an emerging disorder. Addiction. 2009 Dec;104(12):1966-78. doi: 10.1111/j.1360-0443.2009.02734.x.
4. Wenqing Gao and James T. Dalton Ockham’s Razor and Selective Androgen Receptor Modulators (SARMs): Are We Overlooking the Role of 5α-Reductase? Mol Interv. 2007 Feb; 7(1): 10–13. doi:  10.1124/mi.7.1.3
5. Yin D, Gao W, Kearbey JD, Xu H, Chung K, He Y, Marhefka CA, Veverka KA, Miller DD, Dalton JT. Pharmacodynamics of selective androgen receptor modulators. J Pharmacol Exp Ther. 2003 Mar;304(3):1334-40.
6. Wenqing Gao and James T. Dalton Expanding the therapeutic use of androgens via selective androgen receptor modulators (SARMs). Drug Discov Today. 2007 Mar; 12(5-6): 241–248. Published online 2007 Feb . doi:  10.1016/j.drudis.2007.01.003
7. Shalender Bhasin, MD and Ravi Jasuja, PhD Selective Androgen Receptor Modulators (SARMs) as Function Promoting Therapies. Curr Opin Clin Nutr Metab Care. 2009 May; 12(3): 232–240. doi:  10.1097/MCO.0b013e32832a3d79
8. Fitch KD. Androgenic-anabolic steroids and the Olympic Games. Asian J Androl. 2008 May;10(3):384-90. doi: 10.1111/j.1745-7262.2008.00377.x
9. Dalton JT, Barnette KG, Bohl CE, Hancock ML, Rodriguez D, Dodson ST, Morton RA, Steiner MS. The selective androgen receptor modulator GTx-024 (enobosarm) improves lean body mass and physical function in healthy elderly men and postmenopausal women: results of a double-blind, placebo-controlled phase II trial. J Cachexia Sarcopenia Muscle. 2011 Sep;2(3):153-161. Epub 2011 Aug 2.
10. Basaria S, Collins L, Dillon EL, Orwoll K, Storer TW, Miciek R, Ulloor J, Zhang A, Eder R, Zientek H, Gordon G, Kazmi S, Sheffield-Moore M, Bhasin S. The safety, pharmacokinetics, and effects of LGD-4033, a novel nonsteroidal oral, selective androgen receptor modulator, in healthy young men. J Gerontol A Biol Sci Med Sci. 2013 Jan;68(1):87-95. doi: 10.1093/gerona/gls078. Epub 2012 Mar 28.
11. Chen J, Hwang DJ, Bohl CE, Miller DD, Dalton JT. A selective androgen receptor modulator for hormonal male contraception. J Pharmacol Exp Ther. 2005 Feb;312(2):546-53. Epub 2004 Sep 3.
12. Gupta RA, Wang D, Katkuri S, Wang H, Dey SK, DuBois RN. Activation of nuclear hormone receptor peroxisome proliferator-activated receptor-delta accelerates intestinal adenoma growth. Nat Med. 2004 Mar;10(3):245-7. Epub 2004 Feb 1.
13. Reagan-Shaw S, Nihal M, Ahmad N. Dose translation from animal to human studies revisited. FASEB J. 2008 Mar;22(3):659-61. Epub 2007 Oct 17.
14. Keisuke Tachibana, Daisuke Yamasaki, Kenji Ishimoto, andTakefumi Doi, The Role of PPARs in Cancer. PPAR Res. 2008; 2008: 102737. Published online 2008 Jun 18. doi:  10.1155/2008/102737
15. Elizabeth E. Girroir, Holly E. Hollingshead, Andrew N. Billin, Timothy M. Willson, Gavin P. Robertson, Arun K. Sharma, Shantu Amin, Frank J. Gonzalez, and Jeffrey M. Peters, Peroxisome proliferator-activated receptor-β/δ (PPARβ/δ) ligands inhibit growth of UACC903 and MCF7 human cancer cell lines. Toxicology. 2008 Jan 14; 243(1-2): 236–243. Published online 2007 Nov 4. doi:  10.1016/j.tox.2007.10.023

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