Zu gefährlich: Diese Steroide haben es nicht einmal auf den Schwarzmarkt geschafft

Zu gefährlich: Diese Steroide haben es nicht einmal auf den Schwarzmarkt geschafft

Ein Artikel von Patrick Arnold. Den Originalartikel gibt’s hier.

Mir wurde gesagt, dass Artikel über Steroide sehr beliebt sind. Ich schätze, dass es etwas Mystisches gibt, das Chemikalien umgibt, die die Fähigkeit besitzen, den Körper unter den richtigen Umständen innerhalb einer kurzen Zeitspanne dramatisch zu verändern. Man sollte eigentlich denken, dass die Leute nach einiger Zeit von diesem Zeug gelangweilt würden, doch das ist ganz offensichtlich nicht der Fall.

Wie auch immer, hier ist ein weiterer Artikel zum Thema Steroide. Doch worüber sollte ich schreiben? Ich musste hierüber eine Zeit lang nachdenken und zu guter Letzt entschloss ich mich dazu, über die Entwicklung einiger Steroide zu reden, von denen der Leser noch nie etwas gehört hat, da diese Wirkstoffe nie die Marktreife erreicht haben. Ich glaube dadurch, dass ich etwas zu diesem Thema schreibe, kann ich dem Leser etwas über die Entwicklung von Steroiden im Allgemeinen vermitteln – ein Thema, mit dem sich nur die wenigsten auskennen werden.

Die meisten Menschen denken, dass all die tollen Wirkstoffe, die von pharmazeutischen Untenehmen entwickelt wurden, auch als Medikament auf dem Markt erschienen sind. Wenn man einen guten Wirkstoff mit einem guten Sicherheitsprofil entwickelt, dann muss man diesen natürlich auch verkaufen, richtig? Nun, das ist nicht wirklich der Fall. Wenn man mit pharmazeutischen Forschungswissenschaftlern spricht, dann wird man erfahren, dass nur ein geringer Prozentsatz der Wirkstoffe, die im Labor und/oder im klinischen Umfeld wirklich vielversprechend sind, auch tatsächlich auf den Markt kommt. Die Gründe hierfür können vielfältig sein – ein überfüllter Marktplatz, patentrechtliche Themen, zu hohe Produktionskosten oder eine zu geringe erwartete Verkaufsmenge sind nur einige hiervon. Da die Kosten für das Erreichen der Zulassung eines Medikaments sowie die Kosten für die eigentliche Vermarktung in die Millionen gehen, muss eine sorgfältige Auswahl aus den möglichen Wirkstoffen getroffen werden. Dies resultiert darin, dass eine Menge wirkungsvoller und vielversprechender Wirkstoffe – in unserem Fall anabole Steroide – in der Versenkung verschwinden und nie in den Apotheken ankommen.

Forschung und Entwicklung im Bereich der anabolen Steroide

Um die Dinge, die ich in diesem Artikel diskutieren werde, wirklich vollständig schätzen zu können, muss man etwas Hintergrundwissen darüber besitzen, wie anabole Steroide auf ihre Aktivität hin untersucht werden. Wie die meisten Leser wissen werden, sind anabole Steroide Derivate von Testosteron, die zwei typische Aktivitäten miteinander teilen – eine muskelaufbauende (als anabol bezeichnete) und eine nicht mit den Muskeln in Verbindung stehende Aktivität als männliches Sexualhormon (als androgen bezeichnet).

Das Ziel der Wissenschaftler im goldenen Zeitalter der Steroidforschung (1935-1965) bestand darin, eine Verbindung mit einem relativ hohen Grad an anaboler Aktivität in Kombination mit einer verschwindend geringen androgenen Aktivität zu entwickeln. Diese Eigenschaft wurde mit Hilfe des so genannten Verhältnisses von anaboler zu androgener Wirkung (A/A Verhältnis) quantifiziert. Das Ziel bestand weniger darin, eine Verbindung herzustellen, die eine starke anabole Wirkung besaß, sondern eine Verbindung mit dem höchstmöglichen A/A Verhältnis zu finden. Man muss verstehen, dass die eigentliche Zielgruppe für diese Wirkstoffe nicht Bodybuilder, sondern betagte Patienten, Patienten, die sich von einer Operation oder Verletzung erholen mussten oder Patienten, die unter Schwäche oder krankheitsbedingten katabolen Zuständen litten, waren. Dies kann Männer, Frauen und sogar Kinder umfassen. Es war deshalb von größter Wichtigkeit virilisierende (vermännlichende) Wirkungen zu vermeiden, wenn solche Personen mit anabolen Steroiden behandelt wurden und deshalb benötigte man einen anabolen Wirkstoff mit einem sehr positiven A/A Verhältnis.

Um das A/A Verhältnis zu bestimmen, verwenden Wissenschaftler einen Test, der als Rat Levator Ani Assay bezeichnet wird. Bei diesem Test verwenden die Wissenschaftler zwei Gruppen kastrierter Ratten. Die Ratten wurden kastriert, um den störenden Einfluss durch fluktuierende natürliche Androgenspiegel zu eliminieren. Die erste Gruppe von Ratten, die Kontrollgruppe, erhält ein Placebo, während die zweite Gruppe das Steroid (entweder oral oder als Injektion) erhält. Nach einer bestimmten Zeitspanne (mehrere Tage bis Wochen) werden die Ratten der Wissenschaft geopfert. Die Wissenschaftler isolieren dann drei Organe von jeder der Ratten – die Samenbläschen, die bauchseitige Prostata und den Levator Ani Muskel. Diese Organe werden gewogen und es wird ein Vergleich zwischen der Gruppe, die das aktive Steroid erhalten hat und der Placebogruppe durchgeführt. Die unterschiedlichen Gewichte für Samenbläschen und bauchseitige Prostata repräsentieren die androgene Aktivität, während der Unterschied des Gewichts des Levator Ani zwischen Kontrollgruppe und Steroidgruppe die anabole Aktivität repräsentiert.

Um einen Anhaltswert zur Anschätzung der relativen Aktivitäten aller Steroide der Untersuchung zu bekommen, wird ein Standardsteroid bei einigen Ratten der Steroidgruppe verwendet. Dieses Standardsteroid ist in der Regel Testosteron, Testosteron Propionat oder 17-alpha-Methyltestosteron (MT) und den Resultaten der Ratten, die dieses Standardsteroid bekamen, wir der willkürliche Wert 1 für die anabole Aktivität und der willkürliche Wert 1 für die Androgenwirkung zugewiesen. Aus diesem Grund haben diese Standardandrogene ein A/A Verhältnis von 1.

Macht das Sinn? Um die Wahrheit zu sagen, muss ich zugeben, dass ich das zuvor verstanden hatte, doch ich glaube, dass mich der Prozess des Niederschreibens verwirrt hat. Wie auch immer. Schauen wir uns ein paar Steroide an.

Ein paar Gedanken zu Testosteron und leistungssteigernden Medikamenten

Ein paar Steroide

Natürlich hat all diese Arbeit während der 30 Jahre andauernden Blütezeit der anabolen Steroidforschung viele wundervolle Verbindungen hervorgebracht. Man fand heraus, dass Nandrolon ein Steroid mit einer anabolen Wirkung ist, die mit der von Testosteron vergleichbar ist, während es gleichzeitig eine substanziell niedrigere Androgenwirkung aufweist. Man fand heraus, dass Stanozolol (Winstrol) ein oral aktives Androgen mit relativ zu Methyltestosteron gesteigerter anaboler und reduzierter androgener Wirkung ist. Methenolon (Primobolan) weist auf der anderen Seite eine im Vergleich zu Testosteron reduzierte anabole Wirkung auf, doch durch seine ultra niedrige androgene Aktivität besitzt es ein sehr vorteilhaftes A/A Verhältnis. Weiterhin fand man heraus, dass es oral aktiv ist.

Wie ich bereits gesagt habe, kamen viele tolle Wirkstoffe nie auf den Markt und es gibt mehrere mögliche Gründe dafür, dass diese durch das Sieb fielen. Im Fall von anabolen Steroiden gibt es viele wirkungsvolle Steroide, die ganz einfach kein ausreichend positives A/A Verhältnis aufweisen. Mit anderen Worten ausgedrückt waren sie zu androgen. Dies ist ganz offensichtlich für männliche Bodybuilder und Sportler von untergeordneter Bedeutung, doch für Arzte und Patienten im klinischen Umfeld, für die diese Wirkstoffe entwickelt wurden, war eine zu stark ausgeprägte Androgenwirkung ein KO Kriterium.

Das Folgende sind mehrere dieser „verlorenen“ Steroide. Einige von ihnen sind sehr wirkungsvolle Anabolika mit schlechtem A/A Verhältnis, doch einige von ihnen sind wirkungsvoll und weisen zudem ein sehr gutes A/A Verhältnis auf. Die Toxizität dieser Wirkstoffe ist leider großteils unbekannt, doch als gute Faustregel gilt, dass ein Wirkstoff um so leberschädlicher ist, je stärker seine anabole und androgene Wirkung ausfällt.

Die Großen

Das Folgende sind einige Verbindungen, die eine anabole Aktivität aufweisen, die es mit den wirkungsvollsten anabolen Verbindungen aufnehmen kann, die in den Apotheken dieser Welt erhältlich sind.

Dies ist ein Steroid, das von den Deutschen (ich nehme an von der berühmt berüchtigten ostdeutschen Pharmafirma Jenapharm) entwickelt wurde. Irgendetwas mit den Zahlen in den Untersuchungen kann jedoch nicht stimmen, da dieser Wirkstoff angeblich ein A/A Verhältnis von 121 aufweisen soll!! Die spezifischen Zahlen besagen, dass er die 7,3-fache anabole Aktivität von Methandrostenolon (Dianabol) aufweist, während die androgene Wirkung anhand der Werte der Samenbläschen nur etwa beim 0,06-fachen der androgenen Wirkung von Methandrostenolon liegen soll. Ich weiß nicht….

Die Steroid Chemiker da draußen werden bemerken, dass dieses seltsame Steroid eine Art Hybrid aus Trenbolon Acetat und Oxandrolon (Anavar) ist. Dies resultiert darin, dass der Wirkstoff dasselbe positive A/A Verhältnis wie Nandrolon aufweist, während er gleichzeitig fünfmal so wirkungsstark ist. Die Herstellung könnte jedoch recht teuer sein.

Diese oral verfügbare Verbindung ist eine von Nandrolon abgeleitete Verbindung mit einer funktionellen 11-beta-Hydroxylgruppe. Diese funktionelle Gruppe findet man für gewöhnlich nicht bei Androgenen, sondern sie ist mehr ein Schlüsselcharakteristikum von Glukokortikoiden. In diesem Fall scheint sie der Aktivität dieser Verbindung jedoch nicht zu schaden, welche die achtfache anabole und die 2,6 fache androgene Aktivität von Methyltestosteron aufweist. Das A/A Verhältnis liegt somit bei einem brauchbaren Wert von 3,07.

Die Bösen

Diese bösen Jungs sind mindestens so stark, wenn nicht stärker als alles, was man je in die Finger bekommen wird.

Den 1-AD Aficionados wird diese Verbindung entfernt bekannt vorkommen. Sie ist im Grunde genommen eine methylierte Version von 1-Testosteron. Nein, diese Verbindung darf nicht legal als Supplement verkauft werden. Ja, sie ist sehr wirkungsstark – 9,1 bis 16 mal so anabol wie Methyltestosteron. Sie besitzt auch eine milde androgene Wirkung – die 1,0 bis 2,2 fache androgene Wirkung von Methyltestosteron.

Diese Verbindung hat sich oral als zehnmal anaboler als Methyltestosteron herausgestellt. Bei einer Injektion ist sie jedoch nur 1,3 mal so anabol. Man frage mich bitte nicht, warum das so ist. Sie ist auch in gewissem Umfang androgen – etwa dreimal so androgen wie Methyltestosteron.

Sieht das vertraut aus? Es ist fast dieselbe Verbindung wie die vorhergehende und sie unterscheidet sich von dieser nur durch eine Ethylgruppe anstelle der normalen Methylgruppe an Position 13. Diese Klasse von Steroiden ist als 13beta-ethyl Gonane bekannt. Auch die 17-alpha Methylgruppe wurde durch eine Ethylgruppe ersetzt. Das Resultat dieser Veränderungen ist eine signifikante Steigerung der anabolen Aktivität. Die Aktivität dieser Verbindung wurde mit 17alpha-ethyl Nortestosteron (eine seltsame Wahl für einen Standard) verglichen und ihre anabole Potenz war um den Faktor 14,5 höher als dieser Standard. Die androgene Aktivität war im Vergleich zum Standard auf den Faktor 0,86 reduziert.

Die Hässlichen

Diese Verbindungen dienen keinem praktischen Zweck außer die Leber in Panik zu versetzen.

Diese Verbindung wurde in der Tat einmal als Medikament verkauft und wird immer noch als Standard bei in-vitro Assay von Androgenen verwendet. Es handelt sich im Grunde genommen um eine orale Form von Trenbolon, die aufgrund des inakzeptablen Risikos für die Leber wieder vom Markt genommen wurde. Sie ist extrem anabol – 120 bis 300 mal anaboler als Methyltestosteron. Sie ist außerdem sehr androgen – etwa 75 mal so androgen wie Methyltestosteron. Diese Verbindung ist ganz offensichtlich nichts, was man einnehmen sollte, ohne genau zu wissen, was man tut. Wenn man ein zweites mal darüber nachdenkt ist diese Verbindung wahrscheinlich nichts, das man überhaupt einnehmen sollte.

 

Einige kranke Wissenschaftler dachten, dass die vorhergehende Verbindung nicht stark genug war, weshalb sie eine 7-alpha-Methylgruppe anhängten und folgende Monstrosität schufen. Abhängig von der Quelle ist diese Verbindung entweder 100 mal so anabol wie Methyltestosteron oder – laut Aussage von Ciba – 1000 mal anaboler als Methandrostenolon (Dianabol). Da muss man ganz einfach lachen, glaube ich.

Von Ciba kommt auch dieses Mega Monster Steroid. Die einzigen Daten, die ich hierzu gefunden habe, besagen, dass es 1000 mal so stark wie Methyltestosteron ist. Ich weiß nicht, warum Ciba dachte, dass es notwendig ist, Dinge wie diese zu synthetisieren, denn ganz offensichtlich besitzen solche Steroide keinerlei Marktpotential. Allein der Blick auf die Struktur lässt meine Leber bereits schmerzen.

Zusammenfassung

Wir haben uns gerade ein paar sehr anabole Steroide angesehen, doch man sollte dabei nicht auf falsche Ideen kommen. Nur weil etwas 1000 mal so stark wie Dianabol ist, bedeutet dies nicht, dass man mit Hilfe dieses Steroids 1000 mal so massig wie mit derselben Dosis von Dianabol werden wird. Es bedeutet lediglich, dass man nur ein Tausendstel einer gegebenen Dianabol Dosierung verwenden muss, um dieselbe Wirkung zu erhalten. Wenn man Dianabol ähnliche Dosierungen eines dieser Monstersteroide in der Sektion der hässlichen Steroide verwenden würde, dann würde man hierdurch wahrscheinlich keinerlei Zuwächse erzielen, sondern ganz einfach nur krank werden.