Eine zeiteffiziente Reduzierung der Fettmasse innerhalb von 4 Tagen mit Hilfe von Training und einer Kalorienrestriktion – Review einer wissenschaftlichen Studie
Originalstudie: Calbet, JA et. al. A time-efficient reduction of fat mass in 4 days with exercise and caloric restriction. Scand J Med Sci Sports. 2014 Mar 6. doi: 10.1111/sms.12194. [Epub ahead of print]
Diese Studie wurde durchgeführt um zu ermitteln, ob eine schnelle Reduzierung der Fettmasse innerhalb von 4 Tagen durch eine Kombination einer Kalorienrestriktion (CR: 3,2 kcal pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag) mit Training (8 Stundend Gehen + 45 Minuten Ausdauertraining für die Arme pro Tag), wodurch ein Kaloriendefizit von ca. 5000 kcal pro Tag generiert wird, erreicht werden kann.
15 übergewichtige Männer durchliefen 5 Phasen des Experiments: Vortest, Training und Kalorienrestriktion für 4 Tage (WCR), kontrollierte Diät + reduziertes Training für 3 Tage (DIET) und Nachfolgeuntersuchungen 4 Wochen (POST1) und 1 Jahr (POST2) später. Während der WCR Phase bestand die Ernährung ausschließlich aus Wheyprotein (8 Probanden) oder Sucrose (7 Probanden) in einer Menge von 0,8 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag. Nach WCR, DIET, POST1 und POST2 war die Fettmasse um durchschnittlich 2,1 kg, 2,8 kg, 3,8 kg und 1,9 kg (P < 0.05) reduziert, wobei zwei Drittel dieses Verlustes im Bereich des Rumpfes auftrat. Die fettfreie Körpermasse sank während des gleichen Zeitraums um 2,8 kg, 1,0 kg, 0,5 kg und 0,4 kg.
Nach der WCR Phase waren Serum Glukose, Insulin, homöostatische Modellabschätzung, Gesamt- und LDL Cholesterinspiegel und Triglyzeridspiegel reduziert, während die Spiegel freier Fettsäuren und die Cortisolspiegel erhöht waren. Die Serum Leptinspiegel waren nach WCR, DIET und POST1 um 64%, 50% und 33% reduziert (P<0,05). Die Wirkungen waren in beiden Gruppen ähnlich. Zusammengefasst lässt sich sagen, dass eine klinisch relevante Reduzierung der Fettmasse bei übergewichtigen Männern durch eine Kombination von lange andauerndem Training und einer Kalorienrestriktion erreicht werden kann.
Hintergründe
Ich habe den Einfluss (oder eher den nicht vorhandenen Einfluss) von Training auf den Gewichts-/Fettabbau auf dieser Site bereits häufiger und unter den meisten Umständen betrachtet. Die Realität ist (wie die meisten Studien zeigen), dass die für übergewichtige Menschen realistisch erreichbaren Menge an Training einfach zu gering ist, um Energiebilanz oder Gewichts-/Fettabbau massiv zu beeinflussen. Mit Sicherheit gibt es eine gewisse Wirkung (die verstärkt wird, wenn Training mit einer Kalorienrestriktion kombiniert wird) doch sie ist nur selten massiv, während die meisten Untersuchungen zeigen, dass die primäre Rolle von Training in einer bessere Aufrechterhaltung des Gewichts besteht. (Quelle: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/19927144)
Es gibt jedoch diese gelegentlichen Untersuchungen, die mit einer recht hohen Menge an körperlicher Aktivität arbeiten und einen recht hohen Fettabbau generieren. Bei einer Studie, die mir in diesem Zusammenhang einfällt (und die ich im Moment nicht finden kann), mussten Probanden an 6 Tagen pro Woche jeden Tag 2 Stunden auf dem Trainingsrad trainieren. Über den Verlauf dieser Studie konnte ein signifikanter Fettabbau beobachtet werden. In Foren sieht man immer wieder, dass irgendjemand die Frage stellt, ob die Ausführung einer absurden Menge an Aktivität einen massiven Fettabbau generieren wird (eine Person aus dem Forum, an die ich mich erinnere, führte etwas wie 6 bis 8 Stunden Radtraining mit niedriger Intensität während der Zeit am Schreibtisch durch, während die Kalorienzufuhr stabil gehalten wurde und verlor Fett mit einer erstaunlichen Rate).
Was mich zu dem wissenschaftlichen Paper bringt, das ich heute betrachten möchte.
Das Paper
Wie der Titel des Papers bereits nahelegt, wollten die Wissenschaftler herausfinden, ob es möglich oder unmöglich ist, eine signifikante Menge an Fett innerhalb von lediglich 4 Tagen abzubauen. Diese Untersuchung baute auf früheren Untersuchungen auf, bei denen sehr hohe Mengen an Aktivität mit einer extremen Kalorienrestriktion kombiniert wurden.
Die Autoren der Studie entschlossen außerdem zu untersuchen, ob die Zusammenstellung der Diät (reines Protein vs. Kohlenhydrate) unterschiedliche Resultate liefern würde, was auf der Idee basierte, dass Nahrungsprotein bezüglich der Aufrechterhaltung der fettfreien Körpermasse besser ist. Zusätzlich hierzu führten sie sowohl kurzfristige (4 Wochen), als auch langfristige Folgeuntersuchungen (1 Jahr) durch. Im Verlauf der Studie wurde eine Vielzahl von Markern für die Gesundheit, sowie die Hormonwerte (z.B. Insulinsensitivität und Leptinspiegel) gemessen. Die Körperkomposition wurde mit Hilfe von sowohl DEXA, als auch der Bioimpedanz gemessen (um auch einen Überblick über die Veränderungen der Wassermengen im Körper zu bekommen).
Spezifika: Die Probanden waren zwischen 18 und 55 Jahre alt und wiesen ein über mindestens 3 Monate stabiles Körpergewicht auf. Alle hatten einen Körperfettanteil zwischen 20 und 40% (der Durchschnitt lag bei 31%+-5% oder so). 7 dieser Probanden wurden der Sucrose Gruppe und 8 Probanden der Proteingruppe zugeordnet (es war eine kleine Studie). Die Studie wurde in fünf unterschiedliche Phasen aufgeteilt. Phase 1 bestand aus einer Woche normaler Aktivität. Phase 2 war die viertägige eigentliche Studienphase, auf die Phase 3 folgte, welche aus 3 Tagen mit normaler Ernährung und begrenzter Aktivität bestand und dazu diente, den Status zu stabilisieren. Phase 4 waren vier Wochen, während denen die Probanden nach eigenen Wünschen essen und trainieren konnten und Phase 5 war das auf die eigentliche Untersuchung folgende Jahr.
Okay, kommen wir zur eigentlichen Intervention (die über 4 Tage verlief), die aus zwei Komponenten bestand. Die erste war die Trainingskomponente. Beim Training folgte für jeden Probanden nach der nächtlichen Fastenphase ein 45 Minuten andauerndes Ausdauertraining für die Arme (mit 15% der maximalen Intensität), das an einer Art Ergometer für die Arme ausgeführt wurde. Hierauf folgten 8 Stunden Gehen mit einer Geschwindigkeit von 4,5 km/h pro Tag, was einer täglich zurückgelegten Distanz von 35 Kilometern entsprach. Nein, es handelt sich hier nicht um einen Tippfehler: es wurden 8 Stunden und 45 Minuten Training mit sehr niedriger Intensität pro Tag ausgeführt. Ich kann die Abhandlung darüber, warum sie sich für dieses Trainingsprogramm (insbesondere die 45 Minuten Ausdauertraining für die Arme) entschieden hatten, gerade nicht finden.
Die Ernährung fiel gleichermaßen extrem aus. Die Probanden bekamen 3,2 kcal pro Kilogramm Körpergewicht, was im Vergleich zur Erhaltungskalorienmenge einem Kaloriendefizit von etwa 90% entsprach. Eine 100 kg schwere Person hätte also lediglich 320 kcal pro Tag konsumiert. Auch hier handelt es sich nicht um einen Tippfehler und das Gesamtdefizit wurde auf etwa 5500 kcal pro Tag berechnet. Die Proteinzufuhr lag bei der Proteingruppe im Bereich der offiziellen täglichen Empfehlung von 0,8 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht.
Die Probanden bekamen entweder ausschließlich Wheyprotein (etwa 80 Gramm für unsere 100 kg schwere Beispielperson) oder ausschließlich reine Sucrose (Haushaltszucker) in Kombination mit einigen Mineralstoffen und Flüssigkeit. Den Probanden war ein Getränk zur Rehydrierung während des Tages erlaubt (das mehr oder weniger wie Gatorade aussah). Diese Art der extremen Kalorienrestriktion und des extremen Trainings wurde für 4 Tage befolgt, bevor die Probanden zurück zur Erhaltungskalorienmenge übergingen und sich rehydrierten, um das Körpergewicht zu stabilisieren.
Wie man erwarten würde, waren die Resultate genauso extrem wie das Programm. Ich habe in der Tabelle die Gesamtverluste an Fett und fettfreie Körpermasse ausgehend vom Ausgangsgewicht vor Studienbeginn aufgelistet.
Fettabbau | Verlust an fettfreier Körpermasse (*) | |
Phase 2 (4 Tage) | -2.1 kg (-4.6 lbs) | -2.8 kg (-6.2 lbs) |
Phase 3 (3 weitere Tage) | -2.8 kg (-6.1 lbs) | -1.0 kg (-2.2 lbs) |
Phase 4 (4 Folgewochen) | -3.8 kg (-8.4 lbs) | -0.5 kg (-1.1 lbs) |
Phase 5 (1 Jahr später) | -1.9 kg (-4.2 lbs) | -0.4 kg (-0.88 lbs) |
* Dieser Verlust an fettfreier Körpermasse betrug nach den 4 Folgewochen etwa 15% des Gesamtverlustes und lag hiermit sogar unterhalb des erwarteten 25% Verlustes an fettfreier Körpermasse, der als normal für eine Diät angesehen wird.
Wenn Sie sich fragen, warum ich keine Unterscheidung zwischen der Proteingruppe und der Sucrose Gruppe im Bezug auf die Verluste getroffen habe, lag dies daran, dass es keine Unterschiede gab. Beide Gruppen verloren dieselbe Menge an Fettmasse und fettfreier Körpermasse und das Protein zeigte keine die fettfreie Masse schützende Wirkung. Ich möchte außerdem anmerken, dass der größte Teil der Verluste aus Fett im Bereich des Rumpfes (und wahrscheinlich auch etwas viszeralem Fett) bestand, welches dafür bekannt ist, einen größeren negativen Einfluss auf die Gesundheit als Fett in anderen Bereichen des Körpers zu besitzen.
Ich möchte außerdem anmerken, dass die Intervention genauso extreme Auswirkungen auf Marker für die Insulinsensitivität in Verbindung mit einer Reduzierung der Blutzuckerspiegel, der Insulinspiegel, der Triglyzeridspiegel im Blut und der Cholesterinspiegel besaß. Diese Werte sind jedoch nach der vierwöchigen Folgephase wieder auf die Ausgangswerte vor Studienbeginn zurückgefallen.
Schlussfolgerung
Die Wissenschaftler kamen zu folgender Schlussfolgerung: „Die vorliegende Intervention zeigt, dass die Gesamtkörperfettmenge durch eine 4 Tage andauernde Intervention, die eine Kombination aus einer Reduzierung der Energiezufuhr (auf lediglich 10% der gewöhnlichen Menge) und 9 Stunden Training mit niedriger Intensität pro Tag umfasst, um ~3 kg reduziert werden kann.“ Sie fügten hinzu „…obwohl keine spezifischen Anforderungen an eine Veränderung des Lebensstils ausgesprochen wurden, verloren die Probanden während der 4 auf die Intervention folgenden Wochen ein weiteres Kilogramm an Fett.“
Eine Frage, die es wert ist, gestellt zu werden, ist die Frage, warum die Proteingruppe der reinen Sucrose Gruppe im Gegensatz zu früherer Studien zu diesem Thema nicht überlegen war. Die Wissenschaftler vermuteten, dass das extreme Kaloriendefizit in Kombination mit der sehr geringen Kalorienzufuhr wahrscheinlich mit ein Grund hierfür war. Sie fügten hinzu „Es bleibt offen zu bestimmen, ob ein besserer Schutz der fettfreien Körpermasse mit Hilfe einer höheren Proteinzufuhr oder anderen Typen von Protein erreicht werden könnte.“ Ich möchte hierzu anmerken, dass dies nicht wirklich noch zu bestimmen ist.
Wie ich im Detail in The Protein Book besprochen habe (und es basiert sogar ein kompletter Diätansatz im Buch The Rapid Fat Loss Handbook darauf), ist bereits seit einiger Zeit bekannt, dass eine höhere Proteinzufuhr (beginnend bei 1,5 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht oder mindestens doppelt so viel, wie im Rahmen dieser Studie verwendet wurde) benötigt wird, um einen Verlust an fettfreier Körpermasse zu reduzieren, wenn die Kalorienzufuhr eingeschränkt wird. Zusätzlich hätte sich bei der sehr niedrigen Proteinzufuhr bei dieser Studie ein langsam verdauliches Protein wie Kasein oder Milchprotein als überlegen herausgestellt.
Die Wissenschaftler heben selbst Folgendes hervor „…in Abwesenheit von Nahrungskohlenhydraten und der Gegenwart von signifikantem katabolem Stress könnte das meiste dieses Proteins eine Oxidation oder eine Ketogenese durchlaufen haben, um die Glukoneogenese durch die Leber aufrecht zu erhalten.“ (Übersetzung für nicht Nerds: Das Protein wurde verbrannt oder in Ketone umgewandelt, um Glukose in der Leber zu produzieren).
Sie fügten hinzu „Unsere Resultate deuten außerdem darauf hin, dass wenn das Energiedefizit sehr hoch ausfällt, der Verzehr der empfohlenen täglichen Menge an Protein (0,8 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht) einen Verlust an Körperprotein nicht effektiver als dieselbe Menge an Energie in Form von Sucrose verhindert.“ Offen gesagt ist diese der Teil der Studie, der mich am stärksten überrascht: Wir schreiben das Jahr 2014 und es ist allgemein bekannt, dass diese Menge an Protein während einer Diät nicht ausreichend ist.
Ich bin mir nicht sicher, ob ich hierüber hinaus noch viel hinzuzufügen habe und ich habe dieses Paper auch nicht als Programm präsentiert, dessen Befolgung ich empfehlen würde. Selbst die Autoren kommentieren „Die augenblickliche Machbarkeitsstudie stellt keinen Vorschlag für eine alternative Behandlung für Übergewicht dar. Auch wenn die meisten Probanden die Intervention relativ gut vertrugen, klagten alle über Muskel- und Gelenkschmerzen und Personen, die weniger stark motiviert sind, würden mit dieser Art der Intervention wahrscheinlich nicht zurecht kommen.“ Sie sind sich auch nicht sicher, was den weiteren Fettabbau ein Jahr später bewirkte.
Im Grunde genommen habe ich einfach gedacht, dass es sich hierbei um ein interessantes kleines Paper handelt und dass es zeigt, was zumindest biologisch kurzfristig plausibel oder machbar ist. Ich habe gelegentlich Menschen gesehen, die etwas Ähnliches ausprobiert haben (für gewöhnlich die massiven Mengen an täglicher Aktivität mit niedriger Intensität ohne das extreme Kaloriendefizit) und einige recht erstaunliche Resultate beobachtet. Trotzdem ist ein solcher Ansatz für die meisten nicht durchführbar, auch wenn sich dies durch die Zunahme an Stehpulten und Walking Desks (Büroarbeitsplätze mit kombiniertem Laufband) ändern könnte.
Ein Artikel von Lyle McDonald. Den englischen Originaltext finden Sie hier: Weitere interessante Artikel und Informationen finden Sie auf seiner Internetsite.