High Intensity oder High Volume – was ist besser?

In der roten Ecke haben wir „High Intensity“ (hohe Trainingsintensität). In der blauen Ecke haben wir „High Volume“ (hohes Trainingsvolumen). Die „hohe Intensität“ sieht aggressiv und bereit für den Kampf aus, aber viele Experten außerhalb des Rings fragen sich, ob sie nicht etwas zu benommen ist, um einen guten Kampf zu kämpfen. Mike Mentzer und Arthur Jones befinden sich in dieser Ecke. Das „hohe Volumen“ sieht hingegen entspannter und vielleicht sogar philosophisch aus. Im Gesicht hat es ein paar Blessuren. In dieser Ecke befinden sich zahlreiche Bodybuilder aus den Siebzigern und Achtzigern, wie z.B. die österreichische Eiche. Die Robe der „hohen Intensität“ trägt die Aufschrift „Ein Satz mit maximalem Wert“, während sich auf der Robe des „hohen Volumens“ die Worte „Mehr ist besser“ befinden. Dies ist ein Kampf, der stattfinden musste, wenn der Herausforderer den alten Profi schlagen will.

So, let’s get ready to rummmbllle!!!

Ist das Ganze ein wenig zu dramatisch? Vielleicht. Aber im obigen Szenario haben wir die beiden Enden des Spektrums. Und ja, es gibt eine hitzige Debatte zwischen den beiden gegensätzlichen Philosophien und ihren Fürsprechern. Wird je ein Sieger gekürt werden? Wir bezweifeln es. Doch was bedeutet das für euch. Ihr werdet euch entscheiden müssen und das Folgende wird euch bei der Entscheidung helfen. Wenn wir beim Krafttraining über Volumen und Intensität sprechen, dann geht die Interpretation für gewöhnlich in folgende Richtung: „Volumen“ bezieht sich darauf, wie viele Wiederholungen und Sätze ausgeführt werden. „Intensität“ bezieht sich darauf, wie viel Gewicht bewegt wird, was auch als relativer Prozentsatz des Maximalgewichts bei einer Übung ausgedrückt werden kann. Wenn ihr z.B. nur eine Wiederholung mit 100 Kilo ausführen könnt, dann repräsentieren 50 Kilo 50% eures Maximalgewichts für eine Wiederholung (1RM Gewicht).

Definition unmöglich?

In der Welt des Sports wird die Beziehung zwischen Volumen und Intensität im Allgemeinen als umgekehrt proportional angesehen d.h. je mehr Wiederholungen ihr ausführt, desto geringer ist das Gewicht, das ihr bewegen könnt, und umgekehrt. Gibt es eine universell akzeptierte Definition, was hohes Volumen und hohe Intensität darstellen? So weit wir das sehen, gibt es so etwas nicht. Für den Zweck dieser Diskussion werden wir deshalb folgende Parameter verwenden, die auf den Gesamtsätzen pro Trainingseinheit basieren:

Ultra hohes Volumen: 35+ Sätze

Hohes Volumen: 25-34 Sätze

Mittleres Volumen: 15-24 Sätze

Niedriges Volumen: 5-14 Sätze

Wir wurden dazu gebracht zu glauben, dass Bodybuilder historisch gesehen typischerweise lange Trainingseinheiten mit vielen Sätzen verwendet haben. Dies bedeutete manchmal 40 Sätze und mehr und einer Trainingseinheit, die über zwei Stunden andauerte. Unabhängig von der der Korrektheit dieser Wahrnehmung sind wir uns sicher, dass dies das Bild war, das von Mainstream-Bodybuildern der Siebziger und Achtziger präsentiert wurde. Doch spiegelten die Artikel die Methoden der damaligen Bodybuilder korrekt wieder? Vermutlich nicht, aber dennoch stellen sie einen verdammt guten Lesestoff dar!

Wie auch immer die Realität aussah, kam die lesende Öffentlichkeit zu der Ansicht, dass es beim Bodybuilding ein Training mit hohem Volumen benötigte, um einen Körper – wie in den Bodybuilding Magazinen abgebildet – zu entwickeln. Aber funktionierten diese „hochvolumigen“ Trainingseinheiten wirklich? Wir bezweifeln es (oder sie funktionierten zumindest nicht über einen längeren Zeitraum).

Dies brachte die Leute zu ihrer nächsten Schlussfolgerung: wenn man ein Bodybuilder sein möchte, dann braucht man ein hochvolumiges Training und muss außerdem leistungssteigernde Substanzen verwenden. Mit diesem Sahnehäubchen hatten diese Trainingseinheiten eine größere Chance zu funktionieren. Doch waren diese hochvolumigen Trainingseinheiten für Anwender anaboler Steroide optimal? Hhhmmmm…

Es war nur natürlich, dass einige damit begannen, die Tradition des hochvolumigen Trainings in Frage zu stellen. Ikonen aus dem Bereich des Bodybuildings wie Arthur Jones, der Erfinder von Nautilus, befanden sich unter den Pionieren, die eine Alternative populär machten:

Training mit niedrigerem Volumen und höherer Intensität

Wenn euch bewusst ist, dass euch ein niedrigeres Volumen erlaubt schwerere Gewichte zu bewegen, dann bleibt eigentlich nur noch die Frage, wie weit wir mit dem Volumen heruntergehen sollten. Die High-Intensity (HIT) Bewegung hob dies auf ein Extrem und propagierte die Ausführung von nur einem Satz pro Übung bis zum Muskelversagen. Ihre Begründung war, dass der höchste Grad an Intensität nur dadurch erreicht werden kann. Wenn quasi nur ein Satz pro Übung ausgeführt wird. Aber ist dies wirklich der Fall? Wahrscheinlich nicht.

Um eine maximale Anstrengung zu erreichen, benötigt das Nervensystem des Körpers mehr um auf optimalem Level arbeiten zu können. Sicherlich erlaubt es euch die Ausführung von nur einem Satz. Außerdem seid ihr nahezu immer „frisch“, was die Menge an Muskelenergie (ATP) angeht, die für diesen Satz verfügbar ist. Aus neuronaler Sicht verpasst dieses hochintensive Training den Zug, doch aus stoffwechseltechnischer Sicht, stimmen wir voll und ganz zu.

Das zugrundeliegende Ziel der HIT-Bewegung bestand darin, dass Volumen zu reduzieren, um die Intensität maximal steigern zu können. Die Theorie klingt vielversprechend, aber einige vergessen, dass das Volumen nicht nur die Sätze pro Übung, sondern die Gesamtsätze pro Trainingseinheit beschreibt. Wenn ihr also nur einen Satz pro Übung, aber 20 oder mehr unterschiedliche Übungen pro Trainingseinheit ausführt, dann macht ihr die Vorteil eines niedrigen Volumens zunichte!

Die häufigste Kritik des „ein Satz bis zum Muskelversagen“-Trainings ist die Abwesenheit eines adäquaten Stimulus (genügend Arbeitssätze), um den Gesamtpool der motorischen Einheiten der Muskeln und somit auch der Muskelfasern adäquat zu erschöpfen. Auch dies ist natürlich nur eine Theorie.

Wir glauben, dass ein Training mit nur einem Satz bis zum Muskelversagen für Sportler, die mehr von der Entwicklung der anaeroben Arbeitskapazität (kurzzeitige explosive Ausdauer) profitieren, als dies ein Satz bis zum Muskelversagen typischerweise bieten kann, häufig inadäquat ist. Außerdem sind wir der Meinung, dass ein solches Training nicht die beste Wahl für diejenigen (wie z.B. Gewichtheber oder andere Kraftsportler) ist, die Ihre Technik bei Kraftübungen verbessern müssen. Ein niedriges Volumen könnte in diesen Fällen unpassend sein.

Die Hauptfrage läuft darauf hinaus, wer von einer „ein Satz bis zum Muskelversagen“-Methode im Training profitieren könnte. Jeder, der von einem hochvolumigeren Trainingsprogramm kommt, wird mit großer Wahrscheinlichkeit sofort hiervon profitieren – und wenn dies nur aus dem Grund der Fall ist, dass die „neue“ Trainingsmethode nicht im selben Umfang zu einem Übertraining führt oder beiträgt!

Auch Trainierende, die entweder eine beinträchtige Regeneration aufweisen oder über wenig Zeit verfügen, können von dieser Methode profitieren. Wenn ihr euch – aus welchen Gründen auch immer – nicht gut vom Training erholen könnt und deshalb nur schlechte Fortschritte erzielt, dann ist eine Reduzierung des Volumens eine unserer ersten Empfehlungen. Und auch diejenigen mit begrenzter Zeit (z.B. nur 20 Minuten), die für das Training zur Verfügung steht, könnten von der „ein Satz bis zum Muskelversagen“-Methode profitieren.

Bedeutet dies, dass diejenigen, die von einem Training mit niedrigem Volumen profitieren können, nur diese Methode verwenden sollten? Nein! Es gibt keinen optimales Training! Aus diesem Grund empfehlen wir eine ständige Variation von Volumen und Intensität.

Wenn wir bei der „High Volume vs. High Intensity“-Debatte die Richter sein müsste, würden wir beide zum Sieger küren – ein klares Unentschieden. Dies liegt ganz einfach daran, dass beide Methoden ihren Wert haben. Wenn es darum geht sich für eine dieser beiden Methoden zu entscheiden, hängt dies immer von der individuellen Situation des Trainierenden ab. Verliert nicht die Möglichkeit von beiden Methoden zu profitieren, nur weil ihr euch einem dogmatischen Lager anschließt!

Gib es einen Weg beide Methoden in eurem Training optimal zu verwenden? Es gibt zwei Hauptwege die Integration von höherem Volumen und höherer Intensität auszunutzen, die in den folgenden Tabellen beschrieben werden.

Die erste Tabelle zeigt eine Variation der linearen Periodisierung, bei der die Anzahl der Sätze auf konstante Art und Weise reduziert wird, was eine kontinuierliche Steigerung der Intensität ermöglicht. Diese Methode wird im Bereich der amerikanisch wissenschaftlichen Kraftsportliteratur seit etwa 20 Jahren beschrieben und propagiert, was bedeutet, dass sie für einige bereits ein alter Hut und nichts Innovatives ist. Wir sehen diese Methode trotzdem als effektive Methode für weniger erfahrene Sportler und diejenigen, die Veränderungen von Kraft und Fähigkeiten durch eine Spezialisierung bei einer Übung sorgfältig überwachen müssen, an. Die zweite Gruppe umfasst Kraftsportler auf allen Ebenen.

Tabelle 1: Lineare Periodisierung des Trainingsvolumens

Sätze pro Trainingseinheit* Wiederholungen pro Satz
Woche 1-3 20-25 12-15
Woche 4-6 15-20 6-8
Woche 7-9 10-15 10-12
Woche 10-12 5-10 4-6
*Hier werden nur die Arbeitssätze, aber nicht die Aufwärmsätze gezählt.

Die zweite Tabelle, die eine Variante der alternierenden Periodisierung verwendet, ist “hipper”, da sie für amerikanische Kraftsportler relativ neu ist. Der deutsche Sportwissenschaftler Dietmar Schmidtbliecher, einer der frühen Befürworter dieser Methode, hatte bereits vor über 20 Jahren über diese Methode gesprochen. Somit ist eine alternierende Periodisierung nicht „neuer“ als eine lineare Periodisierung. Wir finden diese Methode für diejenigen sinnvoll, die über die notwendige Erfahrung verfügen mit radikaleren Verschiebungen in ihrem Trainingsprogramm zurecht zu kommen. Außerdem auch für all diejenigen, die mehr an Massezuwächsen als an Kraftzuwächsen interessiert sind. Eine alternierende Periodisierung ist mit Sicherheit effektiv, wenn es darum geht, den Körper kontinuierlich dazu zu bringen, sich anzupassen.

Tabelle 2: Alternierende Periodisierung des Trainingsvolumens

Sätze pro Trainingseinheit* Wiederholungen pro Satz
Woche 1-3 20-25 12-15
Woche 4-6 10-15 6-8
Woche 7-9 15-20 10-12
Woche 10-12 5-10 4-6
*Hier werden nur die Arbeitssätze, aber nicht die Aufwärmsätze gezählt.

Wenn wir zwischen Volumen und Intensität wählen müssten, würden wir uns für die Intensität entscheiden. Wir glauben, dass die Intensität wichtiger für ein neuronal basiertes Training (wie Krafttraining) als das Volumen ist. Doch dies bedeutet nicht, dass wir das Volumen völlig ignorieren würden, denn auch das Volumen spielt eine gewisse Rolle.

Wenn ihr jedoch nicht alleine in einem Fitnessstudio gestrandet seid und euch für eine Trainingsvariable entscheiden müsstet, dann müsst ihr euch nicht zwingend für eine der beiden entschieden – schließlich ist dies keine Präsidentschaftswahl. Ihr könnt vielmehr von den Vorzügen profitieren, die beide zu bieten haben.

Aus diesen Gründen haben die Ringrichter diesen Kampf zu einem Unentschieden erklärt.

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