Wie wichtig ist Mealtiming wirklich? – Teil 2: Bedeutung des Frühstücks

In unserem ersten Teil der Mealtiming Serie haben wir bereits erklärt, weshalb das anabole Fenster nach dem Training doch nicht ganz so entscheidend ist, wie oftmals vermutet. Doch was ist mit dem Timing der Mahlzeiten? Hierfür haben sich Trainierende und Wissenschaftler auch über ein anderes Nährstofftiming Konzept Gedanken gemacht. Gibt es so etwas wie eine „beste Zeit“ zum Essen?

Über Jahre haben die meisten Ernährungsexperten den Leuten gesagt, dass sie mehr ihrer Kalorien und Kohlenhydrate zu Frühstück essen sollten und die Kalorien – und insbesondere die Kohlenhydrate – abends niedriger halten sollten. Dann begannen plötzlich einige neumodische Experten das Gegenteil zu empfehlen. Sie erzählten uns, dass wir die Mehrzahl unserer Kalorien und Kohlenhydrate abends essen sollten. Heutzutage bezeichnet man diese Idee auch als Carb Back-Loading. Aber was ist nun richtig?

Der Frühstücksclub

Die Untersuchungen in diesem Bereich sind zwar limitiert, aber durchaus interessant. Eine aktuelle Studie fragte: Spielt es eine Rolle, ob Du die Hälfte Deiner Kalorien zum Abendessen oder zum Frühstück isst? Dabei war für die Experten vor allem interessant, ob es einen Einfluss auf Körpergewicht, Taillenumfang, Appetit und unterschiedliche Blutmarker für die Glukosetoleranz und die Insulinsensitivität gibt. Tatsächlich verlor die Gruppe, die die Hälfte ihrer täglichen Kalorien zum Frühstück aß, mehr Gewicht und mehr Zentimeter an ihrer Taille, zeigte stärkere Verbesserungen der Blutzuckerkontrolle und der Insulinsensitivität und berichtete davon, befriedigter zu sein. Gleichzeitig waren die Spiegel des Hormons Ghrelin – unser primäres Hungerhormon – niedriger.

Logischerweise könnte man nun annehmen, es sei besser mehr Kalorien zum Frühstück zu sich zu nehmen, richtig?

Kohlenhydrate am Abend doch nicht das Böse?

Nicht so schnell! Schließlich können sich Verfechter der „Kohlenhydrate und Kalorien zum Abendessen“-Fraktion ebenfalls auf Studien berufen. Beispielsweise hat die Journal of Nutrition Studie den Verzehr von 70 Prozent der Kalorien abends mit dem Verzehr derselben Kalorienmenge zum Frühstück verglichen.

In sehr gut kontrollierten Szenarien, bei denen alle Probanden ein Training mit Gewichten und aerobes Training ausführten, konnte die „Kalorien-zum-Abendessen Gruppe“ mehr Muskelmasse aufrechterhalten. Gleichzeitig verlor sie in etwa die gleiche Menge an Körperfett wie die „Kalorien-zum-Frühstück Gruppe“.

Zusätzlich fand eine neuere Studie heraus, dass Gewichtsabbau, Reduzierung des Taillenumfangs und Körperfettabbau höher ausfielen, wenn man die Mehrzahl der Kohlenhydrate abends, statt gleichmäßig über den Tag verteilt isst. Das „mehr Kohlenhydrate Abends“-Protokoll war außerdem besser darin, die Blutzuckerkontrolle, Marker für Entzündungen, Blutfettwerte und Appetit zu verbessern.

Vergiss den Zeitplan!

Wer hat also Recht? Die Frühstücksfürsprecher oder die Freunde des Abendessens? Hierbei kann man nur sagen, es hängt ganz davon ab….

Einige Untersuchungen haben herausgefunden, dass das Frühstück die beste Zeit für große Mahlzeiten darstellt (3 Studien). Allerdings haben auch einige keinen Unterschied bezüglich des Gewichtsabbaus zwischen großem Frühstück und großem Abendessen gefunden (2 Studien). Wieder andere Studien haben beim Verzehr von mehr Nahrung zum Abendessen deutliche Vorzüge beobachtet (2 Studien).

Was können wir aus diesem widersprüchlichen Mischmasch von Resultaten lernen?

Es ist wirklich einfach:

Wir sind alle einzigartig. Es gibt keine Regel, die für alle gleichermaßen anwendbar ist!

In der Tat haben Untersuchungen der inneren Uhr herausgefunden, dass Menschen bezüglich ihrer natürlichen Schlaf-Wach-Zyklen variieren. Warum sollte es dieselbe Vielfalt nicht auch bei unseren natürlichen Essen-Fasten Zyklen geben?

Das Fazit

Folge Deinen Erfahrungen und protokolliere sie. Tue das, was – messbar – für Dich funktioniert. Folge Deinen natürlichen Neigungen und dem Weg, den Dir Deine Selbstexperimente weisen. Wenn Du Dich nach frühem Sonnenschein und Rührei während des Tages hervorragend fühlst, dann ist das toll. Wenn ein robustes Abendessen Dein Ding ist, dann genieße es, mit dem warmen Gefühl eines vollen Magens einzuschlafen.

Es ist genau wie beim Training: es ist am Wichtigsten, dass Du konsistent gute Entscheidungen triffst, wann immer dies für Dich funktioniert.

Aber was ist mit … keinem Frühstück?

Die “Kalorien zum Frühstück” vs. „Kalorien zum Abendessen“ Debatte wirft auch folgende Frage auf: Was ist mit einem Verzicht aus Frühstück?

Jeder weiß eigentlich, dass das Frühstück die wichtigste Mahlzeit des Tages ist. Meist hört man in diesem Zusammenhang, dass es eine gute Idee ist, die meisten Deiner Kohlenhydrate morgens zu essen. Hinter dieser Empfehlung verbirgt sich die Vorstellung, dass man zur Frühstückszeit für 8 bis 11 Stunden gefastet hat. Unser Körper ist deshalb darauf vorbereitet, Nährstoffe effektiver als zu anderen Zeiten des Tages zu verwenden.

Unsere Glykogenspiegel, insbesondere die in unserer Leber, gehen zur Neige. Darüber hinaus gibt es Hinweise darauf, dass wir Kohlenhydrate morgens effektiver als abends verwenden. Es erscheint also nur logisch, sicherzustellen, dass wir zum Frühstück mehr Kohlenhydrate als zum Abendessen zu uns nehmen, richtig?

Hoffentlich seht ihr inzwischen, dass diese Argumentation auseinander fällt. Es ist nicht so, dass es falsch ist, zu frühstücken oder Kohlenhydrate zum Frühstück zu essen. In der Tat ist beides völlig in Ordnung. Was dagegen falsch ist, ist die Annahme, dass das, was bei Dir funktioniert auch notwendigerweise das sein muss, was für jeden am besten funktioniert.

Die Zerstörung des Frühstücksmythos

Nahezu jeder im Bereich der Ernährung hat während der letzten 20 Jahre wiederholt, dass das Frühstück die wichtigste Mahlzeit des Tages ist. Allerdings stellt sich heraus, dass die Argumente zu Gunsten des Frühstücks in Wirklichkeit recht schwach sind.

In einem kürzlich im American Journal of Clinical Nutrition veröffentlichten Paper analysierten Wissenschaftler dutzende Studien, um mehr über die Beziehung zwischen Körpergewicht und Frühstück zu erfahren. Ihre Schlussfolgerung: die für gewöhnlich zitierte Verbindung zwischen dem Verzehr eines Frühstücks und einem niedrigeren Körpergewicht ist „nur vermutlich wahr.“

Das klingt nicht besonders definitiv, oder?

Werfen wir deshalb einen näheren Blick auf einige der vorgeschlagenen Vorzüge zu frühstücken.

Die Vorzüge des Frühstücks

In der Literatur wird der Verzehr eines Frühstücks konsistent mit Folgendem in Verbindung gebracht:

  • reduzierter allgemeiner Appetit
  • geringere Gesamtnahrungszufuhr
  • weniger Körpergewicht
  • optimiertere akademische Leistungen
  • verbesserte Blutzuckerkontrolle

Demzufolge denken viele sicher, es wäre ein dummer Zug wäre, das Frühstück ausfallen zu lassen. Allerdings können wir an dieser Stelle nicht aufhören. Denn auch hier basieren die meisten Hinweise auf Beobachtungen. Sie legen nahe, dass es eine Korrelation gibt ohne eine Ursache zu beweisen.

Hier ist also das Fazit: Wenn man Untersuchungen betrachtet, die tatsächlich alle Variablen kontrollieren und Ursache und Wirkung betrachtet, dann sind die Resultate recht durchwachsen. Mit anderen Worten ausgedrückt scheint das Frühstück für einige von uns vorteilhaft zu sein, für einige aber auch nicht.

Die stärksten Hinweise legen nahe, dass das Frühstück für Unterernährte besonders wichtig ist. Aber für andere Populationen scheint es einfach nur eine weitere Mahlzeit zu sein. Nicht besser. Nicht schlechter. Vollständig verhandelbar.

Die Vorzüge eines Verzichts auf das Frühstück

Wenn es mit dem Frühstück nicht so weit her ist, was ist dann mit einem Verzicht auf das Frühstück? Gerade in Zeiten des Intermittent Fasting Hypes werden ja gewisse Vorteil von Fasten propagiert.

Hier ein paar Beispiele:
  • Menschen mit Diabetes vom Typ 2 kamen besser damit zurecht, das Frühstück ganz ausfallen zu lassen und ein größeres Mittagessen zu essen.
  • Andere Menschen, die das Frühstück ausfallen ließen, aßen insgesamt weniger als Menschen, die frühstückten.
  • Allerdings fand man auch heraus, dass das Frühstück auszulassen für den Gewichtsabbau genauso effektiv ist, wie zu frühstücken.

Wird ein Verzicht aufs Frühstück also besser für Dich sein?

Vielleicht ja, vielleicht nein.

Vorläufige Untersuchungsergebnisse legen nahe, dass ein Verzicht aufs Frühstück Folgendes bewirken kann:

  • besserer Fettabbau
  • gesteigerte Ausschüttung von Wachstumshormonen
  • verbesserte Blutzuckerkontrolle
  • bessere Herz-Kreislauf Funktion
  • reduzierte Nahrungszufuhr

Die Wahrheit ist jedoch, dass die meisten dieser Untersuchungen mit Tieren durchgeführt wurden. Schlüssige Humanstudien gibt es in diesem Zusammenhang nur wenige.

Ist die Veränderung Deiner Frühstücksroutine am wichtigsten?

Zu guter Letzt bietet eine aktuelle Studie ein faszinierendes Nachwort zur Frühstück und Gewichtsabbau Frage. Die Wissenschaftler teilen Probanden in eine der folgenden vier Gruppen ein:

  1. Menschen, die gewohnheitsmäßig auf das Frühstück verzichten und jetzt frühstücken mussten
  2. Leute, die gewohnheitsmäßig auf das Frühstück verzichten und auch während der Studie nicht frühstückten
  3. Probanden, die gewohnheitsmäßig frühstücken und auch während der Studie frühstückten
  4. Menschen, die gewohnheitsmäßig frühstücken und während der Studie nicht frühstückten

Die Gruppen, die ihre Gewohnheiten und Routinen veränderten, waren diejenigen, die den substanziellsten Gewichtsabbau verzeichnen konnten. Die Menschen, die normalerweise frühstückten und während der Studie auf das Frühstück verzichteten, verloren Gewicht. Und die Menschen, die normalerweise auf das Frühstück verzichteten und während der Studie frühstückten, verloren auch Gewicht.

Letztendlich zeigte diese Studie, dass Menschen, die sich ihrer Nahrungszufuhr bewusster werden, bessere Resultate erzielen. Dabei ist es egal, ob sie frühstückten oder auf das Frühstück verzichteten. Im Endeffekt ist es also lediglich eine Frage der persönlichen Präferenz, ob Du frühstückst oder auf das Frühstück verzichtest.

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